Elke Heidenreich verkommt zur billigen Tabakwerbefigur
Kommentar zur letzten Ausgabe der ZDF-Reihe "Lesen!" von Elke Heidenreich
[17.10.2004/pk]
Am 12. Oktober 2004 lief im ZDF die letzte Ausgabe der Serie "Lesen!" von
Elke Heidenreich. Eine erste Wiederholung wird am 15. Oktober um 15.15 Uhr auf
dem ZDF-Infokanal gesendet. Am 17. Oktober um 12.30 wurde die Sendung in 3sat
wiederholt.
Der bisher positive persönliche Eindruck dieser Sendung und auch von
Elke Heidenreich wurde in dieser Ausgabe leider jäh getrübt. Denn in
die Reihe interessanter Buchempfehlungen reihte sich recht unpassend
ein Buch mit dem Titel "Die Zigarette".
Angesicht des Themas der Sendung "Bücher die das Leben festhalten"
erscheint die Vorstellung eines solchen Buchs wie ein Hohn. Da ich
selbst einen nahen Verwandten vorzeitig durch dessen exzessiven
Tabakkonsum verloren habe bin ich über diese widersinnige Assoziation
mehr als empört. Angesichts von über 140.000 Opfern, die in Deutschland
jährlich durch Tabakdrogen sterben, gibt es nur eine passende Kategorie
für dieses Buch: die tödlichsten Mordinstrumente. Wobei die Tabakdrogen
in unserer "zivilisierten" Welt einen traurigen unangefochtenen
Spitzenplatz einnehmen.
Elke Heidenreich, ansonsten eine wortgewandte Literaturkritikerin, tat sich
hier sichtlich schwer, dieses sinnlose Buch interessant zu verkaufen.
Das Buch passt auch so ganz und gar nicht in die Linie literarischer
Werke, die sie in "Lesen!" überlicherweise vorstellt. Und weil dem
Thema Rauchen beim besten Willen kein positiver Aspekt abgewonnen
werden kann, verwunderte es nicht, dass selbst eine Frau Heidenreich
plötzlich nur noch in die üblichen abgedroschenen Phrasen ungeschickter
Tabakqualmverfechter verfiel.
Ganz anders ihr Gast der Sendung, der bekannte deutsche Liedermacher
Reinhard Mey. Dieser hatte bereits vor 27 Jahren seine Nikotinsucht
überwunden, und äußerte sich sehr vernünftig über das Rauchen. Er gab
unumwunden zu, im Gegensatz zur Raucherin Elke Heidenreich, dass das
Rauchen eine äußert schädliche Sucht sei, die genau das Gegenteil der
vielen Werbeversprechen verursacht, nämlich Unfreiheit.
Elke Heidenreich dagegen fand nur Lobhudeleien für dieses Machwerk:
"Ein gescheites, unterhaltsames Buch über die Geschichte des Rauchens".
Obwohl Elke Heidenreich sicherlich ansonsten eine relativ intelligente
Frau ist, fehlte ihr bei diesem Buch auffällig deutlich der kritische
Blick. Selbst die wirklich vernünftige Sichtweise Reinhard Mey's konnte
sie nur mit dümmlichen Pseudoargumenten kontern. Ich hatte das erste
mal den Eindruck, dass sie ihrem Gast gar nicht zugehört hat. Sie
erweckte den Eindruck, plötzlich eine billige Werbesendung gestalten zu
müssen, mit einer vertraglichen Verpflichtung, das vorgestellte Werk
(aber auch dessen Thema, das Rauchen) nur mit positiven Bewertungen zu
bedenken, und die unangenehmen Fakten mit ihrem Geplapper zu überdecken.
Beim Thema Rauchen wird also offensichtlich selbst die intelligenteste
Raucherin zur dümmlichen Mitläuferin der Tabakmafia. Gibt es eine
bessere Demonstration der Unfreiheit der Sucht?
Skandalös ist es, dass das ZDF als öffentlich-rechtliche Sendeanstalt
diese plumpe Art von Zigarettenwerbung auch noch ausstrahlt. Auf Kosten
der (Zwangs-)Gebührenzahler.