Illegaler Zigarettenverkauf an Jugendliche wird schwieriger
Absatz an Tabakwarenautomaten bricht ein
[17.04.2008/pk]
Seit dem 1. Januar 2007 müssen alle Zigarettenautomaten gemäß Jugendschutzgesetz mit einem Mechanismus zur Alterskontrolle ausgerüstet sein. Die meisten Automaten unterstützen den Gebrauch der Geldkarte. An stärker frequentierten Standorten lohnt sich für die Automatenaufsteller der zusätzliche Aufwand zur Überprüfung des Personalausweises oder des EU-Führerscheins im Scheckkartenformat. Mit der Alterskontrolle soll Jugendlichen der ehemals ungehinderte Zugang zu Tabakdrogen erschwert werden.
Diese bislang wichtigste Quelle für Jugendliche, sich illegal mit Zigaretten zu versorgen, wurde inzwischen deutlich eingedämmt. Wie diversen Pressemitteilungen von Automatenaufstellern zu entnehmen ist, ging der Umsatz um 20 bis 30 Prozent zurück, einzelne Automatenaufsteller geben auch höhere Zahlen an. Nach Angaben des BDTA-Geschäftsführers Peter Lind wird sich die Anzahl der Tabakwarenautomaten in diesem Jahr vermutlich auf zirka 400.000 verringern. Mit Einführung der Alterskontrolle war die Anzahl der Drogenspender bereits von etwa 800.000 auf 450.000 installierte Geräte gesunken.
Der Bundesverband Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Zigarettenautomaten-Aufsteller (BDTA) behauptete, ohne diese Meinung jedoch durch Fakten untermauern zu können, dass den Kunden die Überprüfung angeblich "zu kompliziert" sei. Dabei muss für die Überprüfung lediglich der Ausweis oder die Geldkarte eingeführt werden, nicht einmal eine PIN-Eingabe ist erforderlich. Der Zigaretten-Dealer-Verband verbreitete weiterhin die schon gebetsmühlenhaft heruntergeleierte These, dass angeblich der "Schmuggel und Handel mit illegal importierten Zigaretten eine Rolle bei den sinkenden Absatzzahlen spielten". Die Tabakindustrie findet immer einen Sündenbock. Stichhaltige Belege für diese Theorien über den Umsatzrückgang gibt es keine, und schon gar keine unabhängigen Studien und Forschungsergebnisse.
Die Umsatzeinbrüche an Zigarettenautomaten nach der Einführung des verpflichtenden Altersnachweises zeigen jedoch ganz deutlich, dass die technischen Maßnahmen am Zigarettenautomaten ganz offensichtlich doch die gewünschte Wirkung zeigen. Anders formuliert: die Jugendlichen, die sich bisher illegal an den Automaten mit der Nikotindroge versorgt haben, werden nun daran gehindert. Natürlich geben die Automatenaufsteller das nicht zu und zaubern jetzt irgendwelche vorgeschobenen Gründe für den Umsatzumrückgang aus dem Hut. Anderenfalls würden ihnen sicherlich umgehend die Strafverfolgungsbehörden mit unangenehmen Fragen (und möglicherweise noch unangenehmeren Konsequenzen) zu Leibe rücken.
Somit ist es nur zu begrüßen, dass der Zugang zu Tabakdrogen am Automaten erschwert wird, damit das Jugendschutzgesetz nicht nur ein zahnloser Papiertiger bleibt. Dabei sind die derzeitigen Schutzmechanismen der Geldkarte unzulänglich und recht einfach zu umgehen, so dass sich immer noch eine relativ hohe Dunkelziffer von Jugendlichen auch weiterhin illegal an den Zigarettenautomaten mit Kippen versorgt. Schließlich raucht trotz leicht rückläufiger Zahlen immer noch fast ein Drittel aller Minderjährigen. Obwohl das nach dem Jugendschutzgesetz verboten ist, und die Tabakindustrie immer wieder beteuert, man hätte ja "ausschließlich den volljährigen Raucher" als Kunden im Visier.
Die Zigarettenindustrie brüstet sich marketingträchtig als Jugendschützer, und hat angeblich schon lange vor der Gesetzeseinführung erste Maßnahmen getroffen. Die zwischen Bundesministerium für Gesundheit und BDTA getroffene freiwillige Selbstbeschränkung ist jedoch keinesfalls ein Beweis für die Verantwortung der Tabakbranche - ganz im Gegenteil! Für die Tabakmultis bedeutete diese Vereinbarung lediglich die Verhinderung eines verbindlichen und einklagbaren gesetzlichen Anspruchs.
Seine Verpflichtung aus der Vereinbarung hat der BDTA nicht erfüllt. Selbst ein Jahrzehnt später verstoßen immer noch unzählige Tabakwarenautomaten gegen diese Selbstverpflichtung und verführen im ganzen Land Schüler zum Rauchen. Eine jüngst in Karlsruhe durchgeführte Untersuchung ergab 90 Automaten im Nahbereich von Schulen. Die Stadt Karlsruhe reklamierte diese Verstöße schriftlich beim Verband der Automatenaufsteller - ohne Wirkung. Die Automatenaufsteller antworteten, die Schutzmaßnahmen wie Alterskontrolle per EC-Karte wären ausreichend. Erst die Einschaltung des Verbrauchermagazins Infomarkt des Südwestrundfunks (SWR) führte schließlich tatsächlich zur Entfernung der beanstandeten Automaten. Von Freiwilligkeit und Übernahme der Verantwortung der Tabakbranche also keine Spur, trotz vollmundiger Versprechungen auf der BDTA-Webseite. Karlsruhe stellt hier leider bei weitem keinen Einzelfall dar.