Bundesgerichtshof verurteilt Tabakkonzerne wegen illegaler Werbung
Illegale Image-Werbung, Irreführung und Verstoß gegen Tabakgesetz
[27.11.2010/pk]
Zwei Tabakkonzerne haben vor dem Bundesgerichtshof (BGH) empfindliche Niederlagen wegen illegaler Werbung und Verstößen gegen das Vorläufige Tabakgesetz (VTabakG) einstecken müssen. Beide Gerichtsverfahren waren vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) initiiert worden, der wiederum durch das Forum Rauchfrei auf die Missstände aufmerksam gemacht worden war. Die Kippenhersteller waren letztendlich erfolglos durch die Instanzen gezogen, um eine Niederlage wegen ihrer unrechtmäßigen Werbepraktiken abzuwenden. Nachdem das Hamburger Landgericht die Klagen zunächst abgewiesen hatte, wurde ihnen vom Oberlandesgericht Hamburg stattgegeben. Die Urteile des Berufungsgerichts wurden nun vom Bundesgerichtshof bestätigt.
Im ersten Fall hatte British American Tobacco (BAT) in der SPD-Zeitschrift "Vorwärts" Image-Werbung betrieben. Unter der Überschrift "Unser wichtigstes Cigarettenpapier" hatte der Konzern vordergründig seinen "Social Report" beworben, um seine zweifelhafte Geschäftspolitik in ein soziales Mäntelchen zu hüllen. Dabei besaß BAT sogar die Unverfrorenheit, auch noch eine Liste seiner Zigarettenmarken aufzuführen. Diese Werbung wurde nun vom BGH eindeutig als rechtswidrig beurteilt.
Die zweite Verhandlung drehte sich um eine Werbung des Tabakkonzerns Santa Fe, der missbräuchlich den Begriff "Bio-Tabak" verwendete. Der Bundesgerichtshof folgte uneingeschränkt der Argumentation der Kläger, dass nach dem Vorläufigen Tabakgesetz jegliche Bezeichnungen wie "natürlich" und "naturrein" verboten sind. Da die Bezeichnung "Bio" vom Verbraucher mit "natürlich" gleichgesetzt wird, handelt es sich laut dem Urteil der Richter um einen Verstoß gegen das Vorläufige Tabakgesetz.
British American Tobacco hatte seine Anzeige im "Vorwärts" mit folgendem Text geschmückt: "Bestellen Sie unseren Social Report. Immer noch gibt es Unternehmen, die unreflektiert Augenwischerei betreiben und die Dinge nicht so sehen wollen, wie sie sind. BAT stellt sich nicht nur den kritischen Fragen, sondern beweist Engagement mit vielfältigen Taten. Wie wir uns konkret mit der Problematik des Cigarettenkonsums auseinander setzen, können Sie jetzt im aktuellen Social Report nachlesen. Sie finden ihn auf unserer Homepage ... oder Sie fordern eine kostenlose Printausgabe an unter Fax ..."
Dazu äußerte der Bundesgerichtshof in seiner Pressemitteilung, das "Tabakwerbeverbot gilt auch für Imagewerbung". Interessant ist insbesondere die Feststellung der Karlsruher Richter, das Tabakwerbeverbot gelte "auch für Anzeigen, in denen sich ein Zigarettenhersteller unter Bezugnahme auf seine Produkte als verantwortungsbewusstes Unternehmen darstellt, ohne direkt für den Absatz seiner Produkte zu werben". Die betreffenden Anzeigen der BAT im "Vorwärts" sind also illegal.
Nach Aussage der Richter stelle sich BAT "in der Anzeige als verantwortungsbewusstes Unternehmen dar, das sich engagiert mit der Problematik des Zigarettenkonsums auseinandersetzt". Die Richter bemängeln dabei jedoch, "die Adressaten der Anzeige würden eher die Produkte eines solchen Unternehmens kaufen als die eines Wettbewerbers, der sich über die Gefahren des Rauchens keine Gedanken mache". Ohne dass nachprüfbare Fakten eine geringere Schädlichkeit der Zigaretten aus dem Hause BAT gegenüber den Mitbewerbern nachweisen, erweckt das Unternehmen jedoch einen solchen Eindruck und verschafft sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil.
Die Firma Santa Fe vertreibt die Zigarettenmarke "Natural American Spirit". Dafür warb sie mit Prospekten, auf denen der Hinweis "100% Bio Tabak" besonders hervorgehoben wurde. Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen kritisiert, "wer Bio liest, kann zum Schluss kommen, der Konsum dieser Zigaretten sei weniger schädlich". Der Bundesgerichtshof bestätigte nun in seinem Urteil, dass der Begriff "Bio Tabak" eine irreführende Werbung darstellt, die nach dem Vorläufigen Tabakgesetz verboten ist. Der vzbv weist - über das BGH-Urteil hinausgehend - darauf hin, dass schon der Markenname "Natural American Spirit" eine derartige Irreführung darstellt.
Johannes Spatz, Sprecher des Forum Rauchfrei, zeigt sich über das Urteil des Bundesgerichtshofs erfreut. Spatz sieht diese Urteile als Zeichen dafür, dass sich ein Widerstand gegen die scheinbar übermächtigen Tabakkonzerne doch lohnt. Die Rechtsexpertin des vzbv, Susanne Einsiedler, kommentierte das Urteil mit den Worten "Die Richter haben deutlich gemacht, dass Gesundheits- und Jugendschutz Vorrang haben".