[16.02.2008/pk]
Im Januar hatte eine Nichtraucher-Initiative Strafanzeige gegen Helmut Schmidt wegen seines Verstoßes gegen das Hamburger Nichtraucherschutzgesetz gestellt. Das Verfahren wurde allerdings noch am gleichen Tag von der Staatsanwaltschaft ohne weitergehende Prüfung abgeschmettert.
Die Angelegenheit hatte jedoch ein großes Medienecho hervorgerufen, das bis weit über die Staatsgrenzen reichte. Sogar das russische Staatsfernsehen interessierte sich für den Fall und berichtete darüber in den Nachrichten.
Von Helmut Schmidt war zunächst keine große Reaktion zu vernehmen, immerhin verzichtete er bei seinem nächsten öffentlichen Auftritt zum ersten Mal tatsächlich auf seine Kippe. Während so mancher Parteigenosse ungläubig darüber staunte, kursierte bereits das unbestätigte Gerücht, Schmidt hätte im rauchfreien ICE schon wieder rücksichtslos gegen das Gesetz verstoßen.
Inzwischen hatte der Altkanzler ausreichend Zeit und Gelegenheit, die Sache zu überdenken, und so gab er gegenüber den Medien nun eine ausführlichere Stellungnahme ab. Gegenüber der Zeit äußerte Schmidt, "wir haben uns überhaupt nichts dabei gedacht". Dabei drängt sich dem unbedarften Leser natürlich sofort die Frage auf, welchem Normalsterblichen wird eine Strafe nur wegen Gedankenlosigkeit erlassen?
Auch die häufig geäußerte Kritik, Schmidt müsse seiner Vorbildfunktion gerecht werden, wiegelte Schmidt mit der lapidaren Äußerung ab, er sei schließlich kein öffentliches Vorbild: "Politiker sollen auf ihrem Felde Vorbild sein, aber nicht auf sämtlichen Feldern menschlichen Lebens". Schmidt weiter: "Um meinen Ruf mache ich mir keine Sorgen".
Immerhin zeigte sich Schmidt willig, in Zukunft nicht mehr gegen das Rauchverbot verstoßen zu wollen: "dem Gesetz muss man gehorchen". Trotzig fügte er jedoch hinzu, er würde dem Laster niemals entsagen: "ich bin doch nicht verrückt".
Schmidt ist trotz seines aggressiven Tabakkonsums aber immer noch nicht willens, selbst die Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Für seinen Gesetzesverstoß, der zu der Strafanzeige geführt hatte, machte er den Theatermitarbeiter verantwortlich, der dem Exkanzler und seiner Gattin das Rauchen angeboten und ihnen einen Tisch mit Aschenbecher zur Verfügung gestellt habe.
Dass der Exkanzler nun das Unschuldslamm spielt (angeblich habe er gar nicht absichtlich gegen das Gesetz verstoßen wollen) gibt jedoch die Realität nur unzutreffend wieder. Helmut Schmidt hat in den letzten Jahrzehnten immer wieder bei den verschiedensten Gelegenheiten zum Glimmstängel gegriffen, ohne Rücksicht auf seine Mitmenschen oder bestehende Rauchverbote zu nehmen. Vielfach war Schmidt dafür in persönlichen Briefen, aber auch in der Öffentlichkeit kritisiert worden. Stets hatte er sich uneinsichtig und starrköpfig über Anstand und Rücksichtnahme hinweggesetzt, und keinerlei Anstalten an den Tag gelegt, auch nur einen Millimeter von seiner egoistischen Suchtbefriedigung abzurücken.
Das Einschwenken Helmut Schmidts auf die korrekte gesetzestreue Linie, verbunden mit einer offensichtlich völlig mangelhaften Einsicht lässt aber darauf schließen, dass sich der Altkanzler doch Sorgen um seinen Ruf macht. Allerdings gilt die Sorge dabei nicht etwa den schützenswerten Mitmenschen, sondern einzig und allein dem Vorwurf, er sei ein Gesetzesbrecher. Schmidt stellt sich dabei noch dumm, obwohl er genau weiß, dass er Verbote ignoriert hat. Und er äußert sich, wie es von der Tabak-Nikotindrogenindustrie immer wieder gebetsmühlenartig sinngemäß vorgebetet wird: "Wenn ich es für notwendig hielte, könnte ich morgen aufhören."
Das sind die althergebrachten Äußerungen eines unbelehrbaren und starrsinnigen Nikotinikers, der sich seine Drogensucht nicht eingestehen will oder kann. Er interpretiert zudem sein Verhalten derart, dass er es in gesundheitlicher, seelischer und philosophischer Sicht für nicht notwendig hält, aufzuhören.
Trotz eines gewissen Einlenkens liegt auf dem ehemaligen Mythos Helmut Schmidt nun ein Schatten. Der Altkanzler ist sicherlich nicht das erste Opfer der Nikotinsucht, aber mit Sicherheit hat sie ihn besonders schmerzlich von seinem Sockel geholt. Die Tabakdroge macht auch große Staatsmänner zu kleinen Suchtopfern.