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Fotodokumentationen

BAT untergräbt europäische Gesundheitspolitik

Tabakkonzern führt Pakt der Umweltfrevler an

[23.01.2010/pk] Laut einer aktuell in "Public Library of Science (PLoS) Medicine" veröffentlichten Studie (2010: 7: e1000202) hat eine von der Tabakindustrie angeführte Lobbygruppe die Gesetzgebung der Europäischen Union zum Schaden der Bevölkerung beeinflusst. Die Lobbyisten nahmen insbesondere Einfluss auf die Folgen- und Risikoabschätzung der EU, die wirtschaftliche, soziale und gesundheitliche Auswirkungen neuer Richtlinien bewertet. Zur Lobbygruppe, die nach den Erkenntnissen der Wissenschaftler von British American Tobacco (BAT) angeführt wurde, gehörten weitere Hersteller gesundheitsschädlicher Produkte wie Chemie-, Pharma- und Ölfirmen.

Die Lobbyisten der Gesundheits- und Umweltfrevler versteckten sich hinter Denkfabriken (auch als "Think Tanks" bekannt) wie dem "European Policy Centre" (EPC) und Beraterfirmen. Die Nikotindrogenlobbyisten und ihre Helfer verbargen ihre Tätigkeit so gründlich und geschickt, dass selbst den EU-Parlamentariern die Beeinflussung offensichtlich verborgen blieb. So gelang es den Industrievertretern, die eigentlich als Instrument für den Verbraucherschutz entwickelte Richtlinien-Folgenabschätzung auf den Kopf zu stellen, um die Hersteller schädlicher Produkte vor Verbraucherschutzgesetzen zu bewahren, die sich negativ auf die Gewinne auswirken könnten.

Die raffinierte Manipulationsstrategie kam trotz trickreicher Verschleierungstaktik nur deshalb ans Licht, weil die Tabakdrogenhersteller durch Schadenersatzklagen in den USA verurteilt worden waren, ihre internen Dokumente zu veröffentlichen. Diese Unterlagen, die im Internet einsehbar und unter der Bezeichnung "Legacy Tobacco Documents" bekannt sind, stellen für Wissenschaftler eine wichtige Grundlage zur Erforschung der Geschäftspraktiken der Tabakdrogenhersteller dar.

Studienleiterin Katherine Smith und ihre Mitarbeiter konnten mittels der Tabakindustriedokumente nachweisen, dass die Lobbyisten die EU-Politik zu Gunsten der Interessen der beteiligten Konzerne beeinflusst haben. So wurden die Firmeninteressen über den Schutz der Bürger gestellt. Erleichtert wurde den Industrielobbyisten die Einflussnahme durch das strukturelle Problem der Risikoeinschätzung. Es ist relativ einfach, Kosten und Gewinn der beteiligten Firmen festzustellen, während andere wichtige Faktoren wie Todesfälle, gesundheitliche Beeinträchtigungen und Umweltschäden wesentlich schwieriger zu quantifizieren sind.

Die Studienleiterin und ihre Kollegen von den Universitäten Bath und Edinburgh analysierten 714 interne BAT-Dokumente, die Informationen über die Versuche enthalten, die Reform der europäischen Regulierung zu beeinflussen. Sie befragten zusätzlich wichtige EU-Politiker, Entscheidungsträger und Lobbyisten.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass der weltweit zweitgrößte Tabakdrogenproduzent, British American Tobacco (BAT), bereits frühzeitig erkannt hat, die eigenen Interessen im Rahmen einer geeignete Änderung der EU-Verträge durch den Vertrag von Amsterdam fördern zu können. BAT war besonders besorgt darüber, dass sich weitere Einschränkungen des Rauchens in der Öffentlichkeit und ein umfassendes Verbot der Tabakwerbung in der Europäischen Union etablieren könnten.

Die ehemals geheimen Tabakdokumente enthüllten, dass hochrangige BAT-Manager davon Wind bekommen hatten, dass der Konkurrent Philip Morris bereits erfolgreich eine Strategie zur Lösung dieses Problems in den USA entwickelt und umgesetzt hatte. Der Weltmarktführer hatte die Folgen- und Risikoabschätzung dahingehend beeinflusst, dass die eigenen Wirtschaftsinteressen den höchsten Stellenwert eingeräumt bekommen, Gesundheits- und Verbraucherinteressen dagegen als nachrangig betrachtet werden.

So engagierte British American Tobacco die britische Beraterfirma Charles Barker, einen Plan zur Umsetzung dieser Strategie für die EU auszuarbeiten. Zur Verschleierung möglicher Interessenkonflikte empfahlen die Berater, eine Frontorganisation vorzuschieben; die Wahl fiel hierbei schließlich auf das "European Policy Centre" (EPC). Zeitweise arbeitete die Lobbygruppe auch mit der Beraterfirma "Weinberg Group" zusammen, die zuvor auch schon für Philip Morris tätig war.

Der Plan wurde von BAT konsequent weiter verfolgt, die Firma schuf zur Erreichung seiner Ziele ein Netzwerk von Firmen, deren Produkte eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit oder der Umwelt darstellen. Dem Netzwerk gehörten laut Studie unter anderem multinationale Konzerne wie Shell, Zeneca, Tesco, SmithKline Beecham, Bayer und Unilever an. Ziel dieses Netzwerks war, eine Lobbykampagne zur Manipulation der EU-Entscheidungen voranzutreiben. Dieser Kampagne gelang es, EU-Entscheidungen abzuschwächen, und insbesondere die Regulierungsauflagen für ihre Geschäftstätigkeit aufzuweichen.

Letztendlich waren die akribisch geplanten Bemühungen zur Unterwanderung der EU erfolgreich. Wie zuvor in den USA von Philip Morris initiiert wurde die Risikoanalyse den wirtschaftlichen Interessen der beteiligten Konzerne und Industriezweige untergeordnet. Die als "Bessere Regulierung" zusammengefassten Reformen werden laut den Tabakdokumenten von BAT-Mitarbeitern als "wichtiger Sieg" gefeiert. Laut Studienleiterin Smith können sich diese Lobbyaktivitäten sogar noch auf zukünftige EU-Gesundheitsentscheidungen auswirken und diese sogar verhindern.

Von der Lobbyarbeit profitieren neben den Tabakherstellern, so Katherine Smith, auch die chemische Industrie. Ein Beispiel dafür sei die Verwässerung der EU-Chemikalienverordnung. Die Wissenschaftlerin befürchtet, dass dieser Vorrang wirtschaftlicher Interessen in der Nutzen-Risikobewertung auch andere Bemühungen um Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutz sabotieren könnte. Diese Entwicklung stelle sogar eine ernsthafte Gefahr für die "Framework Convention on Tobacco Control" (FCTC) der Weltgesundheitsorganisation WHO dar, die von fast allen Staaten unterzeichnet worden war.

Die internationale Tabakrahmenkonvention setzt sich insbesondere auch für einen besseren Schutz der Raucher in den Entwicklungsländern vor den tödlichen Produkten der Nikotindrogenproduzenten ein, die aktuell den wichtigsten Wachstumsmarkt für die Tabakindustrie bilden.


Quellen und weitere Informationen

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Philip-Morris-Forschungspreis existiert nicht mehr
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