Gegenseitige Suchtverstärkung von Alkohol und Nikotin
Warum sind verräucherte Bars und Kneipen so wichtig für die Tabakindustrie?
[25.08.2004/pk]
Oder: Wer profitiert von der Sabotage rauchfreier Gastronomie?
Auf wissenschaft.de wird von einer Studie berichtet, die sich mit der
Wechselwirkung von Alkohol und Nikotin beschäftigt. Der viel sagende
Titel "Warum Bars so oft verräuchert sind" lässt das Ergebnis bereits
erahnen: "Bereits geringe Mengen Alkohol verstärken die als positiv
empfundenen Wirkungen von Nikotin."
Das erklärt auch, warum viele Raucher die "Zigarette zum Bier" als
geradezu unverzichtbar bezeichnen. Die Unverzichtbarkeit in diesem
Zusammenhang ist natürlich ein starkes Indiz für eine entsprechende
Suchtwirkung.
Bei der Studie erhielten die Testpersonen normale oder nikotinfreie
Zigaretten, sowie alkoholische beziehungsweise scheinbar alkoholische
Getränke. Nach Angaben der Probanden wurde bei den Getränken, die
tatsächlich Alkohol enthielten, die als angenehm empfundene Wirkung des
Nikotins verstärkt, im Gegensatz zu den Schein-Alkoholika. Diese
Wirkung blieb bei den nikotinfreien Zigaretten aus. Das ist für die
Forscher ein gewichtiges Indiz, dass die Wirkung dem Nikotin selbst
zuzuschreiben ist, und nicht irgendwelchen anderen Wirkungen, die
möglicherweise mit dem Rauchen verbunden sind.
Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang folgendes Zitat aus
dem genannte Artikel:
"Die Ergebnisse geben einerseits Aufschluss über das Phänomen, dass
Leute in Bars beim Genuss von Alkohol weit mehr rauchen als sonst.
Außerdem erklären sie, warum viele ehemalige Raucher dann rückfällig
werden, wenn sie Alkohol trinken."
Neben diesen Erkenntnissen lassen sich noch weitere Schlussfolgerungen
ziehen. Außer der Nachvollziehbarkeit des Verhaltens der direkt
betroffenen Personen erklärt sich dadurch auch das Verhalten des
Gastronomenverbandes DEHOGA und dessen ganz offensichtlich massiver
Beeinflussung durch die Tabakindustrie.
Die Sabotage rauchfreier Gastronomie ist ein gezieltes Mittel der
Tabaklobby, um einen optimalen Nährboden für die (Nikotin-)Sucht zu
bereiten. Sie protegiert damit die gegenseitige Verstärkung von
Alkohol- und Tabakkonsum.
Entgegen den Erwartungen aus dieser Einsicht muss jedoch fest gestellt
werden, dass es aber nur einen einzigen Gewinner dieses intriganten
Spiels gibt: die Tabakindustrie. Diese steigert ihren Umsatz durch die
Motivation zum Kettenrauchen in den Kneipen. Der scheinbare Gewinn der
Wirte, die dadurch ihren Alkoholumsatz ein bisschen ankurbeln, kann
nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese marginale Umsatzsteigerung
einen hohen Preis hat. Dieser Preis ist ein enormer Umsatzverlust auf
Grund der Abschreckung einer großen Bevölkerungsmehrheit - schließlich
rauchen mehr als 70 Prozent der deutschen Bevölkerung nicht. Die
derzeitige anhaltende Schwäche der Gastronomie ist ein eindeutiger
Beweis dafür, dass dieser Erwerbszweig sich nicht dauerhaft von einer
Klientel ernähren kann, die praktisch ausschließlich aus
Nikotinsüchtigen besteht.
Der Verlierer dieser Politik, die sich nur an den Tabaklobbyisten
orientiert, ist aber in allererster Linie der Kunde. Denn der
scheinbare "Lustgewinn" des kombinierten Tabak- und Alkoholkonsums wird
teuer erkauft. Der Konsument dieser (leider immer noch legalen) Drogen
wird immer tiefer in die Sucht getrieben, und mögliche Auswege nach
Kräften versperrt. Welcher frischgebackene Ex-Raucher möchte sich schon
in die Isolation zurück ziehen, um nicht wieder rückfällig zu werden?
Denn etwas anderes bleibt ihm kaum übrig, da es keinerlei nennenswerte
Angebote an rauchfreier Gastronomie in Deutschland gibt.
Und der nicht rauchende Kunde hat sowieso schon verloren, denn aus
besagten Gründen gibt es für ihn nur zwei Alternativen: entweder
weitgehend auf das Ausgehen zu verzichten und sein Sozialleben ganz in
den privaten Bereich zu verlagern, oder sich dem stinkenden und
gesundheitsschädlichen Tabakqualm auszusetzen.
Fazit: Eine rauchfreie Gastronomie wäre nicht nur ein Segen für
Millionen Nichtraucher, Asthmatiker, Schwangere und Kinder, sondern
auch ganz besonders wichtig für die vielen Millionen aufhörwilliger
Raucher (siehe auch Artikel "6 Millionen Deutsche wollen aufhören zu rauchen").
Aus genau diesem Grund wird sie von der perfiden und menschenverachtenden
Tabakindustrie mit aller Macht sabotiert.