Irland: vorbildlicher Jugend- und Gesundheitsschutz
[22.07.2004/pk]
Auf einer Hochzeit in Irland eingeladen zu sein ist schon etwas Besonderes.
Und wenn man dann noch das Glück hat, seinen Sommerurlaub daran
anhängen zu können, dann kann man die grüne Insel ausgiebig genießen
und bewundern. Neben der mir bereits bekannten Gastfreundschaft dieses
schönen Landes erregte jedoch in diesem Jahr ein weiterer Aspekt mein
besonderes Interesse: das seit dem 29. März 2004 in Kraft befindliche
Rauchverbot in Restaurants und Pubs.
Ich konnte zu diesem Thema nicht nur eine Menge interessante
persönliche Erfahrungen sammeln, sondern auch interessantes Material
aus der Presse. Da diese Sammlung am Ende doch so umfangreich wurde,
dass ich schon fast ein Buch darüber schreiben könnte, möchte ich
dieses große Paket aufteilen, und hier einige spezifische Artikel zu
bestimmten Themengebieten in loser Folge veröffentlichen. Beginnen
möchte ich mit einem allgemeinen Überblick.
Bereits auf der Straße fallen schon einige Punkte auf, und zwar positiv
wohlgemerkt. Es war nirgends auch nur ein einziges Plakat mit
Tabakwerbung zu sehen. An der Bushaltestelle stehend von allen Seiten
eingequalmt werden (wie wir es nur zu gut von zu Hause kennen)? Dafür
sind die Iren viel zu rücksichtsvoll. Pulks von Schulkindern, die sich
in der Pause oder nach dem Unterricht auf der Straße schnell ein
reinziehen, um die Sucht zu befriedigen? Keine Spur davon.
Zigarettenautomaten auf offener Straße? In Irland gibt es so etwas nicht.
Wer deutsche
Verhältnisse gewohnt ist, wo einem fast an jeder Straßenecke so ein
Drogenautomat mit Todesverachtung entgegen grinst, dem fällt die
Abwesenheit dieser öffentlichen stummen Dealer wohltuend auf. Nur in
Pubs und Restaurants waren Tabakdrogenautomaten zu finden. Aber selbst
an diesen Orten wird der Jugendschutz nicht - wie generell in
Deutschland - gänzlich dem Zufall überlassen. In Irland kann sich kein
Jugendlicher einfach schnell bei einer günstigen Gelegenheit zum
Zigarettenautomaten schleichen, um sich unbemerkt eine Schachtel zu
ziehen. Der Erwerb von Tabakwaren am Automaten ist nur im Zusammenhang
mit speziellen Münzen möglich, die an der Bar erhältlich sind. Die
Münzen dienen praktisch nur der Legitimation - die Bezahlung erfolgt
weiterhin über gängige Zahlungsmittel. Da der Verkauf von Tabakwaren in
Irland an unter 18-Jährige verboten ist, werden auch die Münzen nur an
Volljährige verkauf, um Zweifelsfall wird auch die Vorlage eines
Ausweises verlangt (und zwar nicht nur auf dem Papier).
Zuwiderhandlungen werden mit empfindlichen Strafen sanktioniert, so
dass diese Regelung auch eingehalten wird.
Ein derartiges Verkaufsverbot bzw. die kontrollierte Abgabe gilt
übrigens nicht nur für Tabakwaren, sondern auch für alkoholische
Getränke. Die in Deutschland nicht ungewöhnliche Erfahrung, dass
skrupellose Wirte zur Förderung ihres Umsatzes schon an Zwölfjährige
starke Cocktails verkaufen, und zusehen, wie sie sich einen
Glimmstängel nach dem anderen anzünden - etwas derartiges habe ich in
Irland nie erlebt. Dort werden aber auch die Wirte in die Verantwortung
genommen, und zwar nicht nur theoretisch. Ebenso wie die Einhaltung der
Hygienevorschriften streng kontrolliert wird (wie in Deutschland
übrigens auch), genauso wird auf die Einhaltung des Jugendschutzes
geachtet (wo in Deutschland selbst Behörden und Justiz beide Augen
zudrücken). Bei wiederholten Verstößen und der Missachtung von
Verwarnungen muss der Wirt - zusätzlich zu empfindlichen Geldstrafen -
im schlimmsten Falle mit dem Entzug seiner Lizenz rechnen. Und wie die
Praxis in Irland zeigt, ist das auch für die Wirte ausreichend
motivierend, die Einhaltung auch tatsächlich zu gewährleisten.
Äuffällig ist weiterhin, dass die Preise pro Schachtel bei über 6 Euro
liegen, was natürlich nicht nur für den Automatenverkauf gilt. Damit
ist ganz klar auch der Anreiz zum Sparen deutlich höher als in
Deutschland, wo die Packung im Durchschnitt mindestens ein Drittel
billiger ist.
Im Land der Gastfreundschaft werden Raucher aber auch nicht einfach auf
die Straße abgeschoben oder abgestellt (wie böse (Raucher-)Zungen
behaupten, um Mitleid zu erheischen). Für sie haben die Wirte so
genannte Biergärten aufgestellt. Das sind meistens nur ein oder zwei
Garnituren Tische mit Bänken (die ich aber auch noch nie voll belegt
gesehen habe), mit Schirm zum Schutz vor zu viel Sonne oder einem (in
Irland nicht ganz) unerwarteten Regenschauer. Besonders aufmerksame
Wirte spendieren dazu auch noch eine Wärmelampe, oder in zugigen Lagen
einen Windschutz. In größeren Städten sind es vielleicht ein paar mehr
Bänke, die aber auch nur dann weitgehend belegt sind, wenn im Pub
wirklich kein einziger Mensch mehr untergebracht werden kann. Es
entstand der Eindruck, dass die Geselligkeit wirklich wichtiger als das
Rauchen ist. Die geringe Quote, die sich gelegentlich nach draußen
verdrückte, waren aber nicht nur Nikotinsüchtige, sondern bestimmt
ebenso viele Handytelefonierer.
Das gleiche war auch bei der Hochzeit zu beobachten. Von den etwa 150
Gästen ließ sich nur selten jemand etwas von der wunderbaren Feier
entgehen, und so sah man nur sporadisch ein oder zwei Raucher vor dem
(natürlich rauchfreien) Hotel stehen, um sich dem (zweifelhaften)
Vergnügen des Nikotingenusses hinzugeben. Das Rauchverbot wurde auch
von den internationalen Hochzeitsgästen aus Irland, Deutschland,
Großbritannien und den USA kritiklos - in den meisten Fällen sogar
freudig - akzeptiert. Nur ein einzelner Deutscher nörgelte herum, dass
er sich doch auch gerne einmal eine anzünden würde, ohne sich deswegen
gleich (aus purer Rücksicht auf die Mitmenschen - wie unerquicklich!)
nach draußen begeben zu müssen.
Fazit: Irland tut nicht nur theoretisch etwas für den Schutz der Jugend
und der Gesundheit. Es ist dort wirklich im Alltag zu spüren, dass der
Mensch wichtiger ist als der Profit Einzelner - ganz im Gegensatz zu
Deutschland. Auch die Umsetzung der vor relativ kurzer Zeit (etwas mehr
als drei Monate) eingeführten einschneidenden gesetzlichen Änderungen
ist offensichtlich äußerst erfolgreich. Warum das so ist, und wie
Irland diesen nicht einfachen Schritt geschafft hat, darüber möchte ich
in meinen nächsten Artikel berichten.