[23.04.2005/pk]
In der deutschen Gastronomie werden wenigstens schon Maßnahmen zum Schutz
vor dem Passivrauchen diskutiert. Dagegen zeigt sich das deutsche
Gesundheitswesen geradezu ignorant gegenüber den Gefahren der
Tabakdrogen. Während in vielen europäischen Staaten das Rauchen in
Krankenhäusern zu Gunsten der Gesundheit aller, Patienten wie Personal,
verboten ist, müssen die Betroffenen in Deutschlands Einrichtungen
weiterhin unter dem gesundheitsschädlichen Tabakqualm leiden.
Einem Artikel des Hamburger Abendblatts zufolge ist dem
Bundesgesundheitsministerium bekannt, dass in Deutschland nur etwa 50
der insgesamt etwa 2200 Krankenhäuser wirklich rauchfrei sind, und
damit auch werben. Doch sowohl Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt
als auch ihre Drogenbeauftragte Marion Caspers-Merk sehen offenbar
keinen akuten Handlungsbedarf. Obwohl bekannt ist, dass der Tabakqualm
beispielsweise die Heilungsprozesse nachhaltig beeinträchtigt. Ein
Rauchverbot würde sich also unmittelbar positiv auf die Kosten des
Gesundheitswesens auswirken.
Aus Expertenkreisen ist bekannt, dass ein immenser Bedarf an
rauchfreien Krankenhäusern besteht. Doch nicht nur die
Bundesgesundheitsministerin betreibt hier eine zwielichte und
inkonsequente Politik. Ähnlich wie bei der Gastronomie gehören
anscheinend auch wichtige Funktionäre der Ärzteschaft dem Dunstkreis
der Tabaklobby an.
So spricht sich Rudolf Henke, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer,
gegen verbindliche Regelungen aus. Im Hamburger Abendblatt wird er mit
der Warnung zitiert, "Krankenhäuser sind keine pädagogischen
Einrichtungen". Der Krankenhausaufenthalt dürfe nicht dazu führen,
"dass Patienten gezwungen werden, mit dem Rauchen aufzuhören".
Diese Sichtweise ist nicht nur sehr einseitig, und vernachlässigt das
Schutzbedürfnis nicht rauchender Patienten und Angestellter völlig. Sie
ist auch kurzsichtig und steht selbst den Bedürfnissen der rauchenden
Patienten entgegen. Jedem Patienten werden in der Regel Opfer
abverlangt, die zu seiner Genesung notwendig sind. Ausgerechnet das
Rauchen als gefährlichste Gesundheitsgefährdung davon auszunehmen ist
völlig widersinnig.
Neben all den hochrangigen Tabakdrogenverfechtern gibt es jedoch auch
einige Menschen und Organisationen, denen tatsächlich das Wohl und die
Gesundheit der Allgemeinheit am Herzen liegen. Das "Netzwerk Rauchfreie
Krankenhäuser", eine eigenständige Organisation unter dem Dach der
Weltgesundheitsorganisation, setzt sich für eine gesündere Luft in
unseren Krankenhäusern ein. Die Projektkoordinatorin, Christa Rustler,
konstatiert, dass hier bereits beim Klinikpersonal ein gewaltiges
Aufklärungsdefizit besteht. Die Deutsche Krebshilfe gibt der
Bundesregierung noch eine Chance, die propagierten Ziele auf
freiwilliger Basis zu erreichen. Sollte sich dieses Ziel jedoch nicht
in den kommenden zwei bis drei Jahren erreichen lassen, dann sind nach
den Worten der Pressesprecherin der Deutschen Krebshilfe, Eva Kalbheim,
gesetzliche Regelungen erforderlich.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht sich auf Grund der
mangelhaften Gesetzeslage in Deutschland nicht in der Lage, ein
sinnvolles und notwendiges Rauchverbot durchzusetzen, und muss deshalb
jedem einzelnen Krankenhaus die aufwändige Prozedur zur Umsetzung der
Arbeitsstättenschutzverordnung selbst überlassen. Der Schutz der
Patienten steht darin leider nicht zur Debatte. Immerhin gibt die DKG
in ihren Rundschreiben immer wieder die Empfehlung, auf Raucherecken
und Raucherzimmer zu verzichten.
Fazit: wer nicht zum Dunstkreis der Nikotinsüchtigen gehört, sollte
sich doppelt davor hüten, durch Krankheit krankenhausreif zu werden.
Nicht nur qualmendes Pflegepersonal lässt die Genesung zur Qual werden,
auch bei nicht rauchenden Chefärzten ist oftmals eine fatale Ignoranz
und Unwissenheit gegenüber den Folgen des Tabakqualms zu beobachten.