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Lüftungsanlagen machtlos gegen Tabakqualm

Marketing-Feldzug der Tabaklobby gegen Rauchverbote

[20.01.2007/pk] Die aktuelle Diskussion um ein Rauchverbot in der Öffentlichkeit und insbesondere in der Gastronomie kann der Tabakindustrie verständlicherweise nicht gelegen kommen. Da sie ein nachweislich gesundheitsschädliches und Krebs erregendes Produkt herstellt und vertreibt, sind Gesundheitsbewusstsein und Schutz vor Passivrauch für ihr Gewinnstreben nur ein lästiges Hindernis.

Längst hat die Tabakindustrie erkannt, dass sie eine Diskussion um die Gesundheitsgefahren des Rauchens und des Passivrauchens nicht gewinnen kann. Umso mehr muss ihre Lobby diesen Verlust durch trickreiche Marketingkampagnen auf anderem Gebiet wieder wettmachen.

Gegen ein konsequentes Rauchverbot zieht die Tabaklobby nun mit einer Kampagne für Lüftungsanlagen ins Feld, die angeblich die perfekte Lösung gegen die Gefahren des Passivrauchens darstellen sollen. Würden derartige technische Maßnahmen tatsächlich die schädlichen Stoffe aus der vom Tabakrauch verseuchten Atemluft herausfiltern, dann wäre in der Tat eines der Hauptargumente gegen ein vollständiges Rauchverbot hinfällig.

Derartige Lüftungsanlagen müssten allerdings ein wahres Wundermittel sein, was spätestens dann klar wird, wenn man sich die gewaltige Zahl von Krebs erregenden und gesundheitsschädlichen Substanzen im Tabakrauch vor Augen führt. Leider lässt sich alleine mit gesundem Menschenverstand noch keine Politik machen, harte Fakten müssen diese Erkenntnis bestätigen. In der Bundesrepublik ist die Entwicklung auf Grund der Blockadepolitik der Bundesregierung noch nicht so weit fortgeschritten, dass es diesbezüglich schon verlässliche Informationen gibt. Die weiter entwickelte Gesundheitspolitik in Nordamerika verhilft uns dennoch zu interessanten Erkenntnissen.

Jüngst untersuchte ein Forscherteam um James Repace und Dr. Ken Johnson die Wirksamkeit solcher Lüftungsanlagen. In Kanada wurden einige Bars und Restaurants vom allgemeinen Rauchverbot ausgenommen, weil sie spezielle High-Tech-Lüftungssysteme zur Beseitigung des Tabakrauchs installiert hatten. Repace und Johnson ermittelten, dass diese Anlagen den Qualm nicht wirksam beseitigen konnten. Teilweise ist deren Wirkung sogar deutlich schlechter als die herkömmlicher Lüftungsanlagen, durch die die Schadstoffe nur verwirbelt werden.

Die Luftqualität wurde von den Forschern vor und nach der Einführung eines Rauchverbots in einem Pub in Toronto (Kanada) untersucht, und die Werte von Krebs erzeugenden und giftigen Substanzen in sogenannten Nichtraucherbereichen und Raucherbereichen zweier Gastronomiebetriebe in Mesa, Arizona verglichen. Laut Repace ergab die Studie, dass der Aufenthalt im sogenannten Nichtraucherbereich die Exposition gegenüber den Schadstoffen des Tabakrauchs nicht signifikant verringert, obwohl dort ausgefeilte und teure Entlüftungssysteme in Betrieb sind.

Die Forscher ermittelten eine Verringerung der Krebs erregenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) durch das Rauchverbot um 96 Prozent im Raucherbereich der Bar und um 80 Prozent im sogenannten rauchfreien Restaurantbereich. Die Feinstaubbelastung sank unterdessen um 83 Prozent in der Bar und um 60 Prozent im Restaurant. Dagegen wurden im Pub trotz des einwandfreien Aufbaus der High-Tech-Lüftungsanlagen, ordnungsgemäßem Betrieb und Luftaustausch um 25 Prozent höhere Feinstaubwerte und 40 Prozent höhere PAK-Werte gemessen, als in sechs Raucher-Pubs vor Einführung des Rauchverbots. Diese Vergleichsbetriebe, die über herkömmliche Lüftungstechnik verfügen, waren von Repace bereits vor Einführung des gesetzlichen Rauchverbots studiert worden.

Die Untersuchung der beiden Einrichtungen in Mesa ergab in den sogenannten Nichtraucherbereichen sogar deutlich höhere Feinstaubwerte als in den Raucherbereichen, ebenso höhere PAK-Werte. Repace, außerordentlicher Professor an der Tufts University School of Medicine, fasst zusammen: "Selbst wenn diese Belüftungssysteme ordnungsgemäß funktionieren erfüllen sie ihre vorgebliche Aufgabe nicht. Wir müssen feststellen, dass die Wirte der Restaurants und Bars anscheinend keine Ahnung haben, wie diese komplexen Anlagen ordnungsgemäß zu warten und zu betreiben sind."

Repace kommt zum Schluss: "Rauchverbote sind die einzig praktikable Alternative, die Gesundheit von Nichtrauchern und Gastronomiebeschäftigten zu schützen".

Interessant ist, wie und warum die genannten Gastronomiebetriebe für die Studie ausgewählt wurden. Die beiden Restaurants in Mesa waren vom gesetzlichen Rauchverbot ausgenommen worden, weil ihre Besitzer behauptet hatten, den Auflagen des Rauchverbots durch Einsatz ihrer speziellen Lüftungsanlagen in ausreichendem Maß nachzukommen. Das Pub in Toronto wurde von den unabhängigen Forschern unter die Lupe genommen, weil in einer industriefinanzierten Studie zuvor behauptet worden war, die Lüftungstechnik würde die Luft in dessen Nichtraucherbereichen genauso rein von Tabakrauchgiften schaffen wie ein Rauchverbot.

Die erwähnte Industriestudie war jedoch mit mehreren Mängeln behaftet, der Vergleich mit nikotinkontaminierten Örtlichkeiten unzulässig, und die Passivrauchbelastung der Beschäftigten in den Raucherbereichen war völlig ignoriert worden. Die Erkenntnisse der beiden Wissenschaftler treffen auf den erbitterten Widerstand der Tabakkonzerne, werden jedoch auch durch immer weitere unbestreitbare Beweise über die Schädlichkeit des Passivrauchens untermauert.

Ein Bericht des US-amerikanischen Surgeon General vom Sommer 2006 kam zum Schluss, es gäbe keine ungefährliche Dosis bei der Belastung durch Passivrauchen, nur Rauchverbote könnten wirksam vor den Gefahren des Passivrauchens schützen. Beim jüngsten Gerichtsverfahren der USA gegen die Tabakindustrie (U.S. vs. Philip Morris, et. al.) zitierte Richterin Kessler, es gäbe Beweise für eine konzertierte Aktion der Tabakindustrie, "die wissenschaftlichen Beweise für die Gesundheitsschädlichkeit des Passivrauchens zu unterwandern und zu diskreditieren".

James Repace, Wissenschaftler und Epidemiologe am "Centre for Chronic Disease Prevention and Control, the Public Health Agency of Canada" ist einer der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet des Brustkrebses durch Passivrauchen. Seine Arbeit bildete die Grundlage eines Berichts des US-Bundesstaates Kalifornien, nach dem Passivrauchen das Brustkrebsrisiko nahezu verdoppelt. Repace fand in einer jüngst veröffentlichten und viel beachteten Studie heraus, dass die Konzentration von Krebs erregenden Partikel in verqualmten Kneipen wesentlich höher ist, als auf im Diesel-Ruß erstickenden Highways.

Die Studie von Repace und Johnson erschien im Oktober 2006 in der Fachzeitschrift "IAQ Applications" der "American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers" (ASHRAE).

Die High-Tech-Lüftungsanlagen, die nach dem Verdrängungsprinzip arbeiten, waren von der Tabaklobby als Lösung für ein ungestörtes Nebeneinander von Rauchern und Nichtrauchern propagiert worden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Lüftungsanlagen, die verrauchte Luft nach (teilweiser) Filterung durch Zirkulation wieder zurückführen, sollen die High-Tech-Lüftungsanlagen theoretisch alle Schadstoffe aus dem Raum befördern. Diese Systeme werden von tabakindustrienahen Gastronomieverbänden und Tabakinteressenverbänden als Teil ihrer Strategie zur Vereitelung von Rauchverboten gefördert. Die Studie von Repace und Johnson ist eine der ersten, die diese Aussagen mit wissenschaftlichen Methoden überprüft.

Repace kritisiert, "diese exotischen Lüftungssysteme vermitteln den Restaurantwirten und Barbesitzern ein falsches Gefühl der Sicherheit. Sie bekämen dadurch das Gefühl, ihre Beschäftigten und Gäste zu schützen, obwohl weiterhin tödliche lungengängige Toxine in der Luft verbleiben."

Fazit: Die von der Tabaklobby zur Verhinderung von Rauchverboten gepriesenen Lüftungen erfüllen ihren Zweck nicht. Wie Studien zeigten sind selbst High-Tech-Anlagen gegen den Giftcocktail des Tabakrauchs machtlos. Dabei wurde aber noch nicht einmal berücksichtigt, dass selbst vorhandene Lüftungsanlagen in der Praxis oft gar nicht in Betrieb sind, weil die Wirte Strom und Heizkosten sparen wollen.


Quellen und weitere Informationen

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