[13.06.2008/pk]
Durch ein allgemeines Rauchverbot in der Gastronomie können viele Jugendliche vor einer dauerhaften Tabakabhängigkeit geschützt werden. Dies ermittelte eine im Frühjahr 2008 veröffentlichte Studie der Boston University School of Public Health.
Der Epidemiologe Michael Siegel von der Bostoner Universität untersuchte mit seinen Mitarbeitern den Einfluss von Rauchverboten auf das Rauchverhalten von Teenagern. Zu Gute kam den Forschern dabei die Gesetzgebung des US-Bundesstaates Massachusetts. Dort können die einzelnen Städte und Gemeinden selbst entscheiden, ob beziehungsweise in welchem Rahmen das Rauchen in der Gastronomie erlaubt ist. In der Praxis existieren in dem US-Staat somit alle möglichen Variationen, die neben den Extremen strenger Verbote und absoluter Gleichgültigkeit auch die unterschiedlichsten Zwischenstufen abdecken.
Für die Studie befragten die Forscher 2001/2002 erstmalig Jugendliche im Alter zwischen 12 und 17 Jahren. Diese Befragungen wurden zwei und vier Jahre später wiederholt. In diesem Zeitraum waren im Gesamtdurchschnitt 9,3 Prozent zu regelmäßigen Rauchern geworden. Eine detailliertere Betrachtung ergab, dass dieser Anteil sehr stark von den örtlichen Gegebenheiten abhing. Laut Studienleiter Siegel ist die Gefahr, der Nikotinsucht zu erliegen in Gegenden mit strikten Verboten um 40 Prozent niedriger als in Orten ohne Verbote.
Besondere Beachtung verdient noch ein weiterer Aspekt, die jugendliche Neugierde. Gerade Tabaklobbyisten vertreten gerne die Auffassung, dass man diesen Trieb ohnehin nicht wirkungsvoll unterdrücken kann, und deshalb Rauchverbote besonders bei Jugendlichen praktisch wirkungslos seien.
Die Bostoner Studie belegt in der Tat, dass sich Jugendliche auch durch strenge Verbote nicht effektiv daran hindern lassen, einmal eine Zigarette auszuprobieren. Die Studie belegt aber auch ganz klar, dass die Schlussfolgerung der Tabaklobby falsch ist. Denn der entscheidende Schritt ist nicht das einmalige Probieren, sondern der Übergang vom Experimentierstadium zum Nikotinabhängigen. Und genau diese Schwelle wird umso häufiger überschritten, je mehr Gelegenheit sich dazu bietet. Laut Studienleiter Michael Siegel werden Jugendliche in den Orten mit strengen Verboten nur halb so oft zu Gewohnheitsrauchern wie an Orten ohne ein solches Verbot.
Zu den Studienergebnissen, die in den "Archives of Pediatrics & Adolescent Medicine" (2008; 162: 477-483) eröffentlicht wurden, schreibt Siegel: "Mit diesem Ergebnis könnte das Rauchverbot in Gaststätten die effektivste Methode sein, Jugendliche vor einer Tabakabhängigkeit zu bewahren". Der Epidemiologe führt die präventive Wirkung vor allem auf die Signalwirkung von Rauchverboten zurück. Diese würden den Jugendlichen vermitteln, dass Rauchen keinesfalls ein sozial akzeptierter Genuss ist, sondern eine schädliche und tödliche Sucht. Zudem dürfte der Mangel an Gelegenheit viele Jugendliche davor schützen, dass aus einer kindlichen Neugier eine meist lebenslange Sucht wird, von der nur die wenigsten wieder loskommen.
Fazit: Wie interne Dokumente der Tabakindustrie belegen, ist dieser die Bedeutung der Nachwuchsrekrutierung unter Jugendlichen seit Jahrzehnten sehr wohl bewusst, 80 Prozent aller Raucher werden bereits als Jugendliche süchtig gemacht. Die Bostoner Studie erklärt eindrucksvoll, warum die Nikotindrogenproduzenten geradezu verbiestert um jedes einzelne Raucherzimmer in den Gastwirtschaften kämpfen. Offiziell hält sich die Tabakindustrie angeblich von Jugendlichen fern. Mit ihrem Kampf um die Aufrechterhaltung der Nikotinhöllen in der Gastronomie nutzen die Nikotindrogenhersteller ein willkommenes Mittel, den Nachwuchs schon frühzeitig auf Umwegen und angeblich legal in die Sucht zu locken.