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Fotodokumentationen

Zäpfchen sinnvoller als E-Zigarette

Gesundheitsgefahren alternativer Nikotindrogen, Teil 1

[07.05.2011/pk] Durch die Zunahme des Bewusstseins über die weit reichenden Gesundheitsgefahren des Rauchens in den vergangenen Jahren und den daraus resultierenden Rauchverboten fühlen sich Produzenten und Händler alternativer Nikotindrogen offenbar geradezu herausgefordert, in die dadurch entstehende Lücke vorzudringen. Noch viel größer als die Fantasie der aufstrebenden Geschäftemacher bei der Entwicklung neuer Wege zur Verabreichung von Nikotin sind deren sich geradezu überschlagenden Marketingkampagnen mit teilweise aberwitzigen Versprechungen bezüglich der Wunderwirkung dieser Alternativdrogen.

Weitestgehend gemein sind ihnen vor allem zwei Punkte. Zum Einen sollen sie als Ersatzdrogen für die Nikotinbefriedigung in allen Situationen dienen, in denen das Rauchen nicht gestattet ist. Zum Anderen versprechen sie meist vollmundig, angeblich gesündere Alternativen zu herkömmlichen Glimmstängeln darzustellen.

Die großspurigen Werbeversprechen entsprechen jedoch meist nicht den Tatsachen. Durch ernsthafte wissenschaftliche Studien sind die behaupteten positiven Wirkungen schon gleich gar nicht belegt, derartige Studien existieren nicht. Durch Pseudologik und Werberhetorik wird dieses Defizit jedoch unter den Tisch gekehrt. Mit zunehmender Verbreitung dieser Ersatzdrogen häufen sich jedoch auch die Erkenntnisse über deren Nebenwirkungen und Gefahren.

Die jüngste Bedrohung für den ahnungslosen Verbraucher stellt die elektrische Zigarette dar, auch E-Zigarette genannt. Sie wurde von einem Chinesen erfunden, der zunächst an Ginseng-Präparaten geforscht hatte. Da beim Gebrauch der E-Zigarette die Droge zum Inhalieren verdampft wird - im Gegensatz zum Verglimmen beim Rauchen - wird hier häufig von Dampfen als Alternative zum Rauchen gesprochen.

Bis vor kurzem hatte die Tabakindustrie nicht viel mit derartigen Produkten zu tun, was Wissenschaftler aus Berkeley und Boston dazu verleitete, die elektrische Zigarette in der Januarausgabe des Journal of Public Health Policy als "vielversprechendes Mittel zur Rauchentwöhnung" zu preisen. Die Süddeutsche Zeitung zitiert dazu Michael Siegel von der Boston University: Hersteller, die nicht zur Zigarettenindustrie gehören, "haben einen echten Anreiz, Menschen zum Rauchstopp zu bewegen".

Diese Meldung hat sich inzwischen jedoch leider überholt. Vor einem Monats stieg laut Businessweek Philip Morris beim kanadischen Impfstoffhersteller Medicago Inc. ein, der Grippeimpfstoffe auf der Basis von Tabakblättern herstellt. Am selben Tag meldete Bloomberg vom Konkurrenten BAT die Gründung der Tochtergesellschaft Nicoventures Ltd. zur Entwicklung von "sichereren" Nikotinprodukten für den Langzeitgebrauch.

Optimisten glauben, die Geschichte würde sich nicht wiederholen. Das Beispiel der amerikanischen Ärzte aus Berkeley und Boston, die die E-Zigarette empfehlen, beweist das Gegenteil. Vor einigen Jahrzehnten warben Mediziner für Camel und Viceroys. Wie der Spiegel schreibt, wurden die Camel-rauchenden Ärzte auf den Werbeplakaten der Tabakindustrie als "Wissenschaftler, Diplomaten und freundliche, sympathische Menschen in einer Person" gefeiert. Erst durch gesetzliche Werbebeschränkungen wurde diesem irreführenden Humbug ein Ende bereitet.

Das Gefährdungspotential der E-Zigarette soll angeblich nicht höher sein als bei Nikotinkaugummis. Die Hersteller befinden sich jedoch meist in China, die Recherche nach Informationen über die Produzenten liefert mehr Skurrilitäten als vernünftige Informationen. Gleiches gilt für den Vertrieb, der häufig über eine Vielzahl von Händlern per Internet erfolgt. Selbst wenn ein Konsumenten durch ein fehlerhaftes Produkt zu Tode käme, seine Hinterbliebenen hätten praktisch keine Handhabe, den Verursacher haftbar zu machen. Nikotinkaugummis oder -pflaster, die zudem nur unter ärztlicher Aufsicht angewendet werden sollten, sind dagegen apothekenpflichtig, wobei der Apotheker für ein ordnungsgemäßes Produkt haftet.

Die Wirren des unübersichtlichen Marktes für elektrische Zigaretten schlagen sich nachweislich in mangelhafter Qualität nieder, wie Wissenschaftler der University of California ermittelten. Die Probleme begannen bereits im Vertrieb, der Bestellungen falsch auslieferte. Bei den untersuchten Produkten sechs verschiedener Marken wurden falsch zugeordnete Gebrauchsanweisungen beigefügt und die Angaben über den Nikotingehalt waren unklar oder fehlten völlig. Durch undichte Kartuschen kann die nikotinhaltige Flüssigkeit auf die Hände der Benutzer und in die Umgebung gelangen. Die Folgen können gravierend sein. Nikotin ist eines der stärksten bekannten Nervengifte, das bereits in kleinsten Mengen tödlich wirkt. Im Mittelalter wurde es von Adligen, da es als farb- und geruchslose Flüssigkeit unauffällig ist, zur Ermordung unliebsamer Widersacher verwendet.

Auf Grund fehlender Standards und nicht verhandener Qualitätskontrollen lassen sich Potential und Gefährlichkeit nicht verlässlich einschätzen. Die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat in E-Zigaretten Karzinogene und giftige Substanzen nachgewiesen, und warnt ausdrücklich vor derartigen Produkten. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt vor der elektrischen Zigarette, und kritisiert insbesondere deren Bewerbung mit unbewiesenen Therapiewirkungen. Die WHO bemängelt weiterhin, dass die "rauchfreie Zigarette" entgegen den Behauptungen von Herstellern und Vertreibern keineswegs zur Rauchentwöhnung geeignet sei. In vielen Ländern ist die elektrische Zigarette bereits verboten.

Eine Tabakentwöhnung sollte stets nach Rücksprache mit einem Arzt erfolgen. Zur Linderung vorüber gehender körperlicher Entzugserscheinungen gibt es Nikotinpflaster und Zäpfchen. Nach Aussage von Psychologen ist es bei der Entwöhnung notwendig, neben der Überwindung des körperlichen Entzugs die mit der Sucht verbundenen Verhaltensmuster zu durchbrechen. Die Nachahmung des Rauch-Rituals durch die E-Zigarette ist hier in jedem Fall kontraproduktiv. Erschwerend kommt hinzu, dass selbst als nikotinfrei verkaufte Produkte den Suchtstoff enthalten. Der Rückfall ist damit vorprogrammiert.

Die "rauchfreie Zigarette" wird zunehmend damit beworben, dass sie angeblich in allen rauchfreien Bereichen bedenkenlos verwendet werden könne, da es sich hierbei schließlich nicht um ein Tabakprodukt handeln soll. Das ist definitiv unzutreffend, da bei der E-Zigarette ein Extrakt aus Tabak zum Einsatz kommt. Dies trifft auch auf angeblich nikotinfreie Produkte zu, da diese wie bereits zuvor erwähnt den Suchtstoff ebenfalls enthalten.

Eine passive Schädigung der Mitmenschen in der Umgebung der "Dampfer" ist wie beim Passivrauchen gegeben, auch wenn die Werbeversprechen der neumodischen E-Drogenhändler das Gegenteil behaupten. Durch den technischen Prozess des Verdampfens wird Nikotin (das auch in angeblich nikotinfreien Produkten anzutreffen ist) in gasförmigen Zustand überführt, ebenso wie etwaige weitere Giftstoffe und Verunreinigungen. Dieses Gasgemisch wird naturgemäß nicht vollständig vom Benutzer der E-Zigarette aufgenommen. Die schädlichen Substanzen werden also nicht komplett aus der ausgeatmeten Luft herausgefiltert. Ebenso wie der Raucher bläst auch der Dampfer giftige Substanzen in die Atemluft.

Anders als beim Zäpfchen oder Nikotinpflaster besteht also immer eine Gefährdung der Mitmenschen durch die elektronische Zigarette. Einer von vielen Gründen, warum der Einsatz von Zäpfchen sinnvoller als die E-Zigarette ist.


Quellen und weitere Informationen

Beschwerdeautomat
Gesundheitsgefährdung durch Passivrauchen
Petition und Politikeranschreiben für rauchfreie Krankenhäuser
Elektronische Zigarette
Tabak-Lobbying tötet
Die E-Zigarette als explosive Zigarette
Razzien wegen illegalem Handel mit E-Zigaretten und Liquiden
E-Zigarette mit unbewiesenen Behauptungen und Halbwahrheiten propagiert
Nikotinpräparate bei der Entwöhnung wenig hilfreich
E-Zigaretten gesünder als Russisches Roulette?
Gesundheitswesen
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