[22.12.2005/pk]
Am 15. Dezember verabschiedete das Spanische Parlament ein Gesetz, das
Rauchen am Arbeitsplatz und in öffentlichen Gebäuden nicht länger gestattet.
Die Abgeordneten demonstrierten überwältigende Einigkeit; 297 Parlamentarier
stimmten dafür, nur vier enthielten sich, und keine einzige Gegenstimme
musste bei der Abstimmung registriert werden. Damit tritt das Gesetz zum
1. Januar 2006 in Kraft.
Die neue Regelung befreit nicht nur Bürogebäude vom gesundheitsschädlichen
Tabakqualm, sondern auch kulturelle Einrichtungen, Einkaufszentren und
öffentliche Verkehrsmittel, Schulen, Sportstätten, Krankenhäuser, Aufzüge
und Telefonzellen.
Der Verkauf von Tabakwaren an Personen unter 18 Jahren wird ab Januar 2006
untersagt, ebenso Werbung für Tabakprodukte. Für die Formel 1 gilt eine
Übergangsfrist von drei Jahren, um die Tabakwerbung von Fahrzeugen und
Banden zu entfernen, und die noch laufenden Sponsorenverträge abzuwickeln.
In der Gastronomie ist das Rauchen in Zukunft nur noch in separaten
Rauchsalons gestattet. Diese dürfen jedoch nicht mehr als 30 Prozent der
Betriebsfläche einnehmen. Von dieser Regelung sind allerdings Lokale mit
einer Größe von weniger als 100 Quadratmetern befreit. Deren Besitzern
bleibt die Freiheit, sich entweder für den Betrieb einer Raucherkneipe
oder eines rauchfreien Betriebs zu entscheiden. Dem Wirt ist jedoch das
Rauchen in beiden Fällen auf Grund des Rauchverbots am Arbeitsplatz untersagt.
Zuwiderhandlungen gegen das Rauchverbot am Arbeitsplatz werden mit
Geldstrafen geahndet. Rücksichtslose Qualmer müssen mit Bußen zwischen
30 und 600 Euro rechnen. Uneinsichtige Gaststättenbetreiber erwarten Strafen
bis zu 10.000 Euro.
In Spanien liegt das Preisniveau für Tabakwaren im europäischen Vergleich auf
niedrigstem Niveau. Trotzdem reagierten die Tabakmultis auf die Verabschiedung
des Gesetzes umgehend mit Kampfpreisen. Innerhalb von zwei Tagen senkten sie
die Preise für 17 Marken, so dass es in den staatlichen Monopolläden 103
Sorten gibt, die weniger als 1,50 Euro kosten. In diese Kategorie fallen
jedoch nicht nur namenlose Billigprodukte, sondern auch bekannte
internationale Marken. Erst im Jahr 2007 soll in Spanien die Tabaksteuer
an das Niveau der übrigen EU-Staaten angeglichen werden.
In einer Umfrage vom vergangenen Wochenende sprachen sich 77 Prozent der
Spanier für das Rauchverbot aus. Gegen diesen erklärten Willen der Mehrheit
versucht die Tabaklobby mit Hetzparolen Stimmung zu machen. Dabei werden die
altbekannten Tiraden aufgetischt. Von "Intoleranz" und "Militärdiktatur" ist
die Rede, von anderen Suchtverfechtern ist Gezeter zu hören, Raucher würden
"verfolgt und marginalisiert".
Auch die Hinweise auf die Erfolge der Rauchverbote in Norwegen, Irland oder
Italien, die keinerlei Verluste in der Gastronomie zur Folge hatten, werden
von den Tabaklobbyisten lapidar mit den Worten abgeschmettert, dass Spanien
nicht mit diesen Ländern vergleichbar sei. Die einzige, schon mehr als an
den Haaren herbei gezogene, Begründung dafür ist das Lied eines spanischen
Barden, nach dem Anton Martin, ein Bezirk in der Altstadt Madrids, angeblich
über mehr Kneipen verfügen soll als ganz Norwegen. Wenn da mal jemand die
Norweger nicht gewaltig unterschätzt...