[18.10.2005/pk]
Anlässlich der Europäischen Woche gegen den Krebs vom 10. bis 14. Oktober 2005
wies die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk,
ausdrücklich darauf hin, dass §5 der Arbeitsstättenschutzverordnung die
Arbeitgeber dazu verpflichtet, "die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit
die nichtrauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gefahren
durch Tabakrauch geschützt sind". Caspers-Merk kritisierte, dass diese bereits
im Oktober 2002 erlassene Regelung noch nicht im erforderlichen Umfang
umgesetzt wurde, und die Folgen des Passivrauchens häufig auf die leichte
Schulter genommen werden.
Bei aller Zustimmung für diese Kritik darf jedoch nicht vergessen werden,
dass die unzulängliche Ausführung des Gesetzes auch mit daran schuld ist,
dass immer noch viele Arbeitnehmer unter Passivrauchbelastung am Arbeitsplatz
zu leiden haben. In Irland beispielsweise beinhaltet die entsprechende
Gesetzgebung eine staatliche Verantwortung und Fürsorgepflicht des Staates,
die sich auch auf die Durchsetzung des Rauchverbots am Arbeitsplatz bezieht.
In Deutschland hingegen gibt es zwar prinzipiell ein Recht auf einen
rauchfreien Arbeitsplatz, nur muss dieses leider im Zweifelsfall ein
betroffener Arbeitnehmer selbst durchsetzen. Gerade in wirtschaftlich
schwierigen Zeiten kommt dies häufig der Frage gleich, ob ein Betroffener
lieber die Gesundheit oder den Arbeitsplatz riskiert.
Noch viel schlechter haben es freilich die Beschäftigten in der deutschen
Gastronomie getroffen. Denn sie wurden gleich ganz von dieser Schutzmaßnahme
ausgenommen. Im Vergleich zu ihren irischen Kollegen werden sie also als nicht
schutzwürdig diskriminiert. Irland hat gezeigt, wie ein Arbeitsschutzgesetz
aussehen muss, und bezieht alle Arbeitsplätze mit ein; Taxifahrer haben
ebenso wie Bedienungen die vollen Rechte auf einen rauchfreien Arbeitsplatz.
Übrigens ohne dass dadurch die Gastronomie in Mitleidenschaft gezogen worden
wäre.
Die Benachteiligung einzelner Berufsgruppen durch die deutsche Gesetzgebung
wird auch von der Präsidentin der Deutschen Krebshilfe, Prof. Dr. Dagmar
Schipanski, heftig kritisiert: "Die Arbeitsstättenverordnung hat eine große
Schwäche: Betriebe mit Publikumsverkehr - also insbesondere die gastronomischen
Betriebe - sind vom Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz ausgenommen". Die
Deutsche Krebshilfe fordert deshalb eine Anpassung der Arbeitsstättenverordnung
nach dem Motto "gleiches Recht für alle".
Diese Forderung wird auch vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in
Heidelberg vertreten, da die Mitarbeiter in Restaurants, Bars und Kneipen
einer besonders hohen Tabakrauchbelastung ausgesetzt sind. Die Innenluft in
den Gastronomiebetrieben ist doppelt so stark belastet wie andere
Arbeitsplätze, an denen geraucht werden darf. Ein wirkungsvoller Schutz vor
der Tabakrauchbelastung lässt sich nur durch Schaffung rauchfreier
Einrichtungen erzielen.
Aber auch Krankenhäuser fallen unter die Ausnahmeregelung für Einrichtungen
mit Publikumsverkehr. Nach Angaben der Krebshilfe sind von den rund 2.000
deutschen Krankenhäusern gerade einmal 50 rauchfrei. So ergibt sich die
paradoxe Situation, dass nicht nur das Krankenhauspersonal unter dem
Tabakrauch zu leiden hat, sondern vor allem auch die zur Gesundung dort
befindlichen Patienten. Bekanntermaßen ist Tabakqualm nicht nur
gesundheitsschädlich, sondern beeinträchtigt auch die Wundheilung.