Rauchfreie Gastronomie - Chance für eine kränkelnde Branche
[29.04.2004/ls]
Ein Großteil der Debatte um den Schutz vor dem Zwangsmitrauchen wird
gegenwärtig über das Rauchen an öffentlichen Orten und vor allem in
der Freizeitindustrie geführt. Durch die jüngst erfolgte Einführung
von Rauchverboten in der irischen Gastronomie wurde auch in Deutschland
die Debatte neu angeheizt.
Viele nicht rauchende Gäste, und unter ihnen ganz besonders
Asthmatiker und anderweitig an den Atemwegen Erkrankte (wovon in
Deutschland bereits 10% bis 30% der Bevölkerung betroffen sind), wollen sich
nicht länger in die Isolation zurück ziehen, sondern wieder am
öffentlichen Leben teilhaben.
Die zuständigen Gewerkschaften möchten ihre Mitglieder schützen und
vor allem für rauchfreie Bereiche sorgen. Dabei machen sie sich jedoch
auch Gedanken über die möglichen Auswirkungen auf deren Beschäftigung.
Gegner der Rauchbeschränkung behaupten, dass Raucher den Gaststätten
und Restaurants fern bleiben werden. Diese Gegner sind leider nicht nur
in der Tabakindustrie und ihrem unmittelbaren Dunstkreis zu finden,
sondern auch in der Bundesregierung vertreten.
Die Verwunderung darüber relativiert sich, wenn man sich vor Augen hält,
wieviele Bundestagsabgeordnete gerne der Einladung zu den Festen des
Verbandes der Deutschen Cigarettenindustrie (VdC) folgen. Auch ohne
illegale Bestechung wird damit aus der Tätigkeit "zum Wohle des deutschen
Volkes" schnell die Blockade einer nichtraucherfreundlichen Gesellschaft,
denn mit den spendablen Gastgebern möchte es sich doch kein
Bundestagsabgeordneter und keine Bundesdrogenbeauftragte verscherzen.
Die Gründe, warum der Verband des Deutschen Hotel- und
Gaststättengewerbes DEHOGA bei seinen
Mitgliedern massiv Panik gegen jegliche Einschränkungen des Rauchens
schürt, konnte der Verband bislang trotz zahlreicher Nachfragen nicht darlegen.
Die Befürworter von Rauchverboten dagegen sind der Auffassung, dass diese sich
vielmehr belebend auf das Geschäft auswirken. Aus New York wird berichtet,
dass seit der Einführung des Rauchverbots in der Gastronomie die Umsätze
deutlich zugenommen haben, 10.000 neue Arbeitsplätze in der Gastronomie
geschaffen wurden, und 100.000 New Yorker das Rauchen aufgegeben haben.
In Irland wurde das Rauchverbot ebenfalls äußerst positiv aufgenommen,
wobei die Umsätze in der Gastronomie bereits vor Einführung des Raucherbots
auf hohem Niveau stagnierten.
Die positiven Meldungen werden meist lautstark und mit großem Getöse
vom Wehklagen der Tabakindustrie und ihr freundlich gesinnten
Organisationen aus der öffentlichen Meinungsbildung verdrängt.
Dabei gibt es etliche ernst zu nehmende Untersuchungen und
Veröffentlichungen, die eindeutig belegen, dass die Befürworter von
Rauchverboten nicht nur die besseren Argumente haben, sondern auch
bei ihrer Einschätzung der Folgen richtig liegen.
Das Projekt Smokefree at Work
beispielsweise berichtet von zwei interessanten Untersuchungen, die
sich kürzlich tiefgehender mit diesem Thema beschäftigten.
Bemerkenswert an diesen Studien ist, dass diese nicht national
ausgerichtet waren, sondern sich international über etliche Länder
erstreckten.
Aus diesen beiden umfangreichen Studien können wir hier aus
Platzgründen nur die Quintessenz wiedergeben:
Eine im Jahr 2003 durchgeführte Befragung der Inhaber von Bars und
Restaurants in fünf europäischen Ländern (Belgien, Deutschland,
Finnland, Frankreich und Spanien) stellte fest, dass die Einführung
von Schutzmaßnahmen gegen Umwelttabakrauch keine Umsatzverluste
verursacht hat.
Die Untersuchung mit dem Titel "Non-smokers protection in
restaurants and bars in Europe" wurde vom "European Network for
Smoking Prevention" durchgeführt und stellte außerdem fest, dass
nahezu drei Viertel aller Befragten (Inhaber, Pächter und
Mitarbeiter) die Existenz von rauchfreien Bereichen in der Bar oder
im Restaurant als eindeutig vorteilhaft bewerteten.
Diese Vorteile bestehen im Schutz der Gesundheit von Kunden, Inhabern
und Mitarbeitern und stehen im Einklang mit den steigenden Ansprüchen
der Kundschaft.
Die vom britischen Gewerkschaftsdachverband TUC geförderte
Zeitschrift Hazards hat festgestellt, dass ein Rauchverbot in
Gaststätten und Cafes die Gesundheit von Tausenden britischer
Arbeitnehmer des Gaststättengewerbes schützen und zu höheren Gewinnen
für ihre Inhaber führen könnte.
Die Erhebung mit dem Titel "Smoke Screen" untersucht eine neue
Analyse von 97 Rauchstudien aus acht Ländern und stellt fest, dass
ein Rauchverbot den rigorosesten unabhängigen Studien zufolge keine
negativen Folgen für Gaststätten und Restaurants hat.
Gleichzeitig enthüllt diese Analyse die Tatsache, dass alle
vorhandenen Studien, die vor negativen Auswirkungen auf das weltweite
Geschäft dieser Branche warnen, aus Quellen finanziert wurden, die in
der einen oder anderen Weise mit der Tabakindustrie verbunden sind.