Fünf Jahre gesetzlicher Nichtraucherschutz in Irland
Europas Vorreiter sieht trotz Erfolg weiteren Handlungsbedarf
[20.06.2009/pk]
Irland war im Jahr 2004 der erste Staat Europas, der einen umfassenden Schutz seiner Bevölkerung vor dem gesundheitsschädlichen Tabakqualm am Arbeitsplatz gesetzlich verankerte. Anlässlich dieses Jubiläums stellte das Office of Tobacco Control (OTC) fest, dass dessen Akzeptanz weiterhin ungebrochen ist, und sogar ein neues Allzeithoch erreicht hat. 97 Prozent der Arbeitsstätten entsprechen vollständig den gesetzlichen Anforderungen zum Schutz vor gesundheitsschädlichem Tabakrauch am Arbeitsplatz.
Sogar der Gastronomenverband "Vintners Federation of Ireland" (VFI), der anfänglich mit heftigen Katastrofenwarnungen gegen die Einbeziehung der Gaststätten in das gesetzliche Rauchverbot gewettert hatte, gibt nun zu, dass der "Geist des Gesetzes" inzwischen von seinen Mitgliedern angenommen worden sei. Allerdings sieht sich der VFI offensichtlich immer noch in erster Linie als Vertreter der Raucherinteressen, der Fokus seines Kampfes hat sich jedoch mehr auf die Raucherbereiche im Freien verlagert, die unter Einhaltung gewisser Schutzbestimmungen zulässig sind. Pádraig Cribben, Geschäftsführer des Verbandes, wird auch weiterhin nicht müde, vor "übereifrigen" Kontrolleuren des Rauchverbots zu warnen.
Einige Pub-Besitzer bezeichnen das Rauchverbot immer noch als "Sargnagel", denn die Gewohnheiten der Menschen hätten sich grundlegend gewandelt. Insbesondere der Alkoholverkauf sei deutlich eingebrochen, was jedoch auch an der Einführung von Alkoholtests liegt. Inzwischen hat der Umsatz von Speisen die Getränke überholt. Während vor 15 Jahren der Anteil von Getränken und Speisen noch bei 70 zu 30 Prozent lag, so hat sich das Verhältnis inzwischen umgekehrt. Aus der Sicht der nicht rauchenden Bevölkerungsmehrheit und insbesondere von Familien ist diese Entwicklung jedoch sehr erfreulich.
Auf postive Resonanz stößt der Schutz vor Passivrauch am Arbeitsplatz ganz besonders bei den Beschäftigten der Gastronomie. Während sie früher wegen der verqualmten Pubs unter Atembeschwerden und Kopfschmerzen litten und häufiger krank waren, haben sich durch das Rauchverbot ihre Arbeitsbedingungen signifikant vebessert. Entsprechend hoch ist hier die Akzeptanz der gesetzlichen Regelung.
Der Leiter des Office of Tobacco Control, Éamonn Rossi, sieht seine Aufgabe jedoch noch lange nicht als erledigt an. Dringender Handlungsbedarf besteht insbesondere zur Verbesserung des Jugendschutzes. Wie Mary Cunningham, Direktorin des "National Youth Council of Ireland" (NYCI) erläutert, verfallen immer noch mehr als drei Viertel aller Raucher in Irland dem Glimmmstängel, bevor sie überhaupt das 18. Lebensjahr vollendet haben. Das bedeutet, dass all diese Jugendlichen illegal mit Tabakprodukten eingedeckt werden.
Als eine der Ursachen für diese frühzeitige Verführung der Jugendlichen zum Rauchen sehen Experten die Werbung und das offene Angebot von Tabakprodukten in den Läden, die Zigaretten zum Bestandteil der normalen sozialen Umgebung machten. Konsequenterweise soll die Bewerbung von Tabakwaren am Verkaufsort zum 1. Juli untersagt werden. Markenwerbung und die Auslage von Zigaretten in den örtlichen Geschäften, die in der Regel von den Jugendlichen mehrmals wöchentlich aufgesucht werden, soll abgeschafft werden. Die Standorte und der Betrieb von Tabakwarenautomaten sollen noch stärker kontrolliert und alle Händler von Tabakwaren in einem Register erfasst werden.
Die starke Wirkung derartiger Marken- und Zigarettenwerbung gerade auf Jugendliche wird durch die Tatsache unterstrichen, dass 80 Prozent der rauchenden Kinder in Irland nur zwei Marken konsumieren. Dabei handelt es sich just um die beiden Marken, die am aggressivsten in den örtlichen Geschäften beworben werden. Angesichts derart überwältigender Belege steht die Öffentlichkeit nahezu geschlossen hinter den geplanten neuen Bestimmungen zum Schutz der Kinder vor Tabakdrogen. 87 Prozent der Bevölkerung befürworten ein komplettes Verbot jeglicher Form von Tabakwerbung, Promotion und Kommunikation als Mittel, um Minderjährige vom Tabakkonsum abzuhalten.
Fazit: Zum fünfjährigen Jubiläum ist das Rauchverbot in Irland populärer als je zuvor. Trotz der erfolgreichen Vorreiterrolle lehnt sich die irische Gesundheitspolitik jedoch nicht selbstzufrieden zurück, sondern greift die noch vorhandenen Probleme und Unzulänglichkeiten der bisherigen Tabakkontrollpolitik entschieden an. In Deutschland kann man von diesem europäischen Vorbild angesichts der menschenverachtenden Politik der Bundesregierung bislang leider nur träumen.