[14.09.2006/pk]
Die Vereinbarung des Bundesgesundheitsministeriums mit dem DEHOGA zum Nichtraucherschutz in der Gastronomie gibt mehr Anlass zur Kritik als zur Freude. Neben dem Ausschluss einer Vielzahl von Betrieben, die der Verpflichtung generell nicht unterliegen, gibt es keine konkreten Qualitätsanforderungen an die so genannten Nichtraucherplätze. Es gibt keine Kriterien, wie die Einhaltung der Selbstverpflichtung der Gastronomie überprüft werden soll. Und Sanktionen müssen der DEHOGA und seine Mitgliedsbetriebe auch bei kompletter Missachtung der Vereinbarung nicht im Geringsten befürchten.
Dennoch bemühte sich der DEHOGA redlich, die Erfüllung der Zielvereinbarung der ersten Etappe zum 1. März 2006 zu demonstrieren. Da es der Gastronomiebranche bei dieser Angelegenheit um riesige Summen geht, so zumindest der Tenor des Verbandes, hätte man eigentlich erwartet, dass dieser keine Mühen und Kosten scheuen würde, die Einhaltung der Verpflichtung durch hieb- und stichfeste unabhängige Studien nachzuweisen, um gar keine weiteren Zweifel aufkommen zu lassen.
Statt dessen zaubert der DEHOGA aber nur eine billige unseriöse Studie aus dem Hut. Die angeblich repräsentative Umfrage stammt sogar aus dem eigenen Hause, vom Marktforschungsinstitut "Marktplatz Hotel", an dem der Verband beteiligt ist. Fachleute kritisieren an dieser Studie, dass die Stichprobe nicht nur viel zu klein wäre, sondern überhaupt nicht den Anforderungen einer repräsentativen Analyse entspräche. Der Sozialforschungsexperte Jürgen Friedrichs bezeichnete die Rücklaufquote der Fragebogen als "ungewöhnlich niedrig", die Antwortvorgaben als "problematisch" und Angaben über die Methode als "im doppelten Sinne falsch". Bereits im Vorjahr hatte ein Gericht der Marktplatz-Hotel-Umfrage untersagt, sich "repräsentativer Marktreport" zu nennen.
Anstatt eines respektablen Ergebnisses, das selbst die Kritiker zum Schweigen gebracht hätte, bleibt nur der fade Nachgeschmack eines billigen Manipulationsversuches durch den Gastronomenverband. Die Verwirrungs- und Abwiegelungstaktik des DEHOGA tritt jedoch klar zu Tage, wenn man den aktuellen Stand im historischen Kontext der letzten Jahre, beziehungsweise der letzten Jahrzehnte, betrachtet.
Der DEHOGA hat sich bereits ausgiebig als Tabaklobbyist profiliert, dem die Interessen seiner abhängig Beschäftigten ebenso gleichgültig sind, wie die nicht rauchende Bevölkerungsmehrheit. Beispielsweise hat sich der DEHOGA von der Tabakindustrie die Kampagne "Raucher sind die besseren Gäste" sponsern lassen. Kein Mensch, der noch einen Funken Verstand in sich trägt, kann jemals einem solchen Verband glauben, er würde sich freiwillig auch nur im Geringsten für den Schutz der Nichtraucher einsetzen.
Vor etwa drei Jahren verbreitete der DEHOGA, über vierzig Prozent der Gastronomiebetriebe würden bereits über Nichtraucherbereiche verfügen bzw. sogar vollkommen rauchfrei sein. Inzwischen hat der DEHOGA große Anstrengungen unternommen, so war es zumindest unzähligen Presseberichten zu entnehmen, um den Anteil rauchfreier Gastronomie entsprechend der Vereinbarung mit der Bundesdrogenbeauftragten zu erhöhen. Nach eigenem Bekunden konnte der DEHOGA bei seinen Mitgliedsbetrieben dadurch den Anteil so genannter nichtraucherfreundlicher Betriebe auf 31,5 Prozent steigern, wie der Gastronomenverband verkündete.
Ganz offensichtlich spricht der DEHOGA also nicht die Wahrheit. Wer aber derart lügt, nur um ein gesellschaftlich wie gesundheitspolitisch und wirtschaftlich notwendiges gesetzliches Rauchverbot zu verhindern, der sollte für jeden ernstzunehmenden Politiker als Verhandlungspartner absolut tabu sein. Der DEHOGA zeigt nicht einmal soviel Interesse, das Ergebnis seiner Bemühungen von einem unabhängigen Institut ermitteln und unangreifbar nachweisen zu lassen.
Zu guter Letzt vertritt der DEHOGA ohnehin nur eine Minderheit der deutschen Gastronomen. Ganz offensichtlich hat sich hier diejenige Minderheit zusammengefunden, die für ihren eigen Profit über Leichen geht: über die Leichen der 140.000 Tabaktoten jährlich in Deutschland.
Angesichts dieser ernüchternden Tatsachen wäre nun eigentlich zu erwarten, dass die Bundesdrogenbeauftragte diesem Possenspiel der Tabaklobby ein Ende setzt. Ihrem Amt entsprechend müsste Sabine Bätzing die Gelegenheit nutzen, den Druck der Tabaklobby auf die Gastronomie zu beenden, indem sie Beschäftigte und Gäste durch ein konsequentes generelles Rauchverbot vor der Drogenmafia schützt.
Doch nicht zum ersten Mal enttäuscht die Bundesdrogenbeauftragte durch ihre mangelnde Durchsetzungsfähigkeit gegenüber den Interessen der Tabaklobby. Anstatt die Konsequenz zu ziehen und durchzugreifen, fühlt sich Sabine Bätzing sogar bemüßigt, den fehlenden Nachweis des DEHOGA für die angeblich umgesetzte Vereinbarung auf Kosten des Steuerzahlers nachzuholen. Eine derart hanebüchene Politik lässt Gesundheits- wie Wirtschaftsexperten gleichermaßen die Haare zu Berge stehen.
Der Plan der Bundesdrogenbeauftragten, mittels einer Studie für Hunderttausende Euro das Vorhandensein zweifelhafter Nichtraucherplätze zu ermitteln, ist eine sinnlose und durch nichts gerechtfertigte Verschwendung von Steuergeldern, von der einzig und alleine die Funktionäre der Tabaklobby (inklusive DEHOGA) profitieren. Die Bevölkerung, Beschäftigte in der Gastronomie, Asthmatiker und Kinder sind die Opfer, die die Zeche einer damit einhergehenden Verzögerungs- und Abwiegelungstaktik zahlen.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) hat sich sowohl durch seine widersprüchlichen Aussagen als auch durch seine Verstrickungen mit der Tabakindustrie als Verhandlungspartner der Bundesregierung völlig disqualifiziert. Die Politik kann und darf solche äußerst zweifelhaften Äußerungen nicht anstands- und kritiklos zur Grundlage von Entscheidungen nehmen, die Wahrheit und Fakten aber geradezu selbstverständlich ignorieren und verleugnen. Denn es kann es nur eine Konsequenz geben: gleiches Recht und gleiche Voraussetzungen für alle. Das bedeutet auch in der Gastronomie ein allgemeines absolutes Rauchverbot. Ohne Ausnahmen, ohne weitere Verzögerungen und ohne weitere Verschwendung von Steuergeldern.
Die Bundesdrogenbeauftragte respektive die Bundesregierung darf kein Geld für irgendwelche Studien zur Überprüfung des Rauchfreiheitsgrades in Deutschlands Gastronomie ausggeben. Stattdessen muss umgehend ein vollständiges Rauchverbot in Gastronomiebetrieben jeglicher Art per Gesetz erlassen werden. Dieses muss bis spätestens Januar 2007 in Kraft gesetzt und dessen Einhaltung durch geeignete exekutive Maßnahmen von Beginn an gewährleistet werden.