EU-Kommission setzt Deutschland letzte Frist für Tabakwerbeverbot
[02.02.2006/pk]
Die Bundesrepublik Deutschland und Luxemburg erhielten am 1. Februar 2006 eine "begründete Stellungnahme" der Europäischen Kommission, weil sie die Richtlinie über Werbung und Sponsoring für Tabakprodukte (2003/33/EG vom 26. Mai 2003) noch nicht umgesetzt haben. Die Richtlinie muss nun in den beiden gemahnten Ländern innerhalb von zwei Monaten in nationales Recht umgesetzt werden. Bereits im Oktober 2005 hatten Deutschland und Luxemburg ein "Fristsetzungsschreiben" erhalten.
Kommen die beiden Staaten der Aufforderung nicht fristgerecht nach, so wird der Fall den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschäftigen. Dieser muss feststellen, ob die Mitgliedstaaten ihre Verpflichtung nicht erfüllt haben, Rechtsvorschriften der EU umzusetzen. Kommen die betreffenden Staaten auch dem Urteil des EuGH nicht nach, so kann dieser auf Vorschlag der Europäischen Kommission Bußgelder verhängen.
Der für Gesundheit und Verbraucherschutz zuständige EU-Kommissar Markos Kyprianou ließ keinen Zweifel aufkommen, dass die Kommission die Aufrechterhaltung des EU-Rechts sicherstellen wird: "Ich bin entschlossen, diese Rechtsvorschrift, die für den Kampf gegen den Tabakkonsum entscheiden ist, durchzusetzen. Ich bin überzeugt, dass dies allen Regierungen klar ist. Eine Verherrlichung des Tabakkonsums durch glamouröse Werbung kann verheerende Folgen haben, insbesondere für junge Menschen. Daher fordere ich alle Länder, die die Bestimmungen nicht einhalten, dringend auf, sich uns anzuschließen und dabei zu helfen, die Gesundheit der europäischen Bürger zu schützen."
Nach Aussage der EU-Kommission halten sich die meisten EU-Länder an die Vorschriften, einige wenige hätten damit jedoch noch Probleme. Derzeit wird die Situation in denjenigen Ländern, in denen die Umsetzung bisher noch nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, von der Kommission überprüft. Die EU-Kommission stellte unmissverständlich fest, sie werde gegen alle Länder gerichtlich vorgehen, die nachweislich Ausnahmeregelungen oder Freistellungen zugelassen haben, die gegen die Bestimmungen der Richtlinie vestoßen.
Die Bundesregierung unter Gerhard Schröder hatte vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Klage gegen das Tabakwerbeverbot eingereicht. Als sich abzeichnete, dass ein Urteil des EuGH voraussichtlich frühestens 2006 verkündet wird, die Umsetzung der Richtlinie jedoch auf den 13. Juli 2005 terminiert war, brachte das Bundeskabinett unter abenteuerlichen Umständen den notwendigen Gesetzesentwurf auf den Weg.
Der vorzeitige Rücktritt Schröders und seiner Regierungsmannschaft und der darauf folgende Wahlkampf mussten dann als Ausrede herhalten, dass dieses Gesetz nicht mehr ordnungsgemäß abgesegnet werden konnte, und somit nicht in Kraft trat. Die neu gewählte Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel führte dieses Trauerspiel zu seinem Höhepunkt, als Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries einmütig erklärten, das geplante Tabakwerbeverbot "nicht weiter verfolgen zu wollen".