Bundestagsabgeordnete nehmen Stellung zur Tabakpolitik
Höchste Priorität genießt Schutz gegen Passivrauchen
[30.01.2006/wh]
In den vergangenen Wochen wurden Abgeordnete des Deutschen Bundestages um ihre Meinung zum Schutz vor Passivrauchen sowie zum Rauchen gebeten. Mit der Befragung sollte festgestellt werden, inwieweit die Politiker sich der Bedrohung bewusst sind, die vom Passivrauchen für die Gesundheit und das Leben vieler Menschen ausgeht. Interessant war natürlich auch ihre Stellungnahme, welche erforderlichen Maßnahmen sie unterstützen würden.
Allen Bundestagsabgeordneten wurden folgende sieben Fragen gestellt.
Sind Sie für konkrete gesetzliche Regelungen zum Schutz vor dem Passivrauchen?
Sollte Deutschland ebenso wie Irland, Italien, Norwegen, Schweden, Malta das Rauchen in Gaststätten verbieten?
Sollte Tabakwerbung wie in anderen europäischen Staaten vollständig verboten werden?
Sind Sie für ein konsequentes Rauchverbot auf dem Schulgelände sowie an Hochschulen und Universitäten?
Sind Sie für rauchfreie Krankenhäuser?
Sind Sie für ein Rauchverbot in allen öffentlichen Einrichtungen?
Auf einer Skala von eins (volle Zustimmung) bis fünf (völlige Ablehnung) konnten die Politiker ihre Haltung gegenüber den einzelnen Positionen äußern. Zusätzlich hatten sie die Gelegenheit, persönliche Kommentare abzugeben.
Auf die Umfrage reagierten 25 Prozent der Angeschriebenen. 16 Prozent der Befragten, also etwa 100 Abgeordnete, haben alle Fragen vollständig beantwortet. Da so mancher Abgeordnete täglich hunderte E-Mails erhält, ist die Rücklaufquote recht ordentlich. Gründe für die Nichtbeantwortung der Fragen sind aber nicht nur Zeitmangel, sondern auch eine Verdrängungshaltung gegenüber den Problemen des Tabakkonsums. Etliche Bundestagsabgeordnete reagieren auch nur auf Anfragen von Bürgern ihres Wahlkreises.
Neben den etablierten Parteien CDU/CSU, SPD, Grüne und der FDP antworteten erstmals auch Abgeordnete der Linkspartei. Bei der Bewertung des Durchschnitts aller Fragen über die Parteien ergibt sich das erstaunliche Bild, dass die Linkspartei mit einem Wert von 1,44 am besten abschneidet, gefolgt von der SPD mit 1,65. Die Grünen folgen überraschend erst im Mittelfeld mit einem Schnitt von 1,71. Etwas dahinter die CDU mit 1,94 und wie zu erwarten weit abgeschlagen die FDP mit 2,68.
Gesamtauswertung
Linke: 1,44
SPD: 1,65
Grüne: 1,71
CDU/CSU: 1,94
FDP: 2,68
Die Ergebnisse der Teilnehmer bezogen auf die einzelnen Fragen ergeben, dass am ehesten ein Gesetz zum Schutz gegen Passivrauchen durchsetzbar wäre. Bei einem Gesamtdurchschnitt von 1,54 würden die befragten Teilnehmer ein solches Gesetz auf jeden Fall erlassen, oder dem zustimmen.
Die gleiche Priorität ergibt sich bei einem Punktwert von 1,54 für rauchfreie Schulen und Unis. Aus den Kommentaren zu dieser Frage lässt sich ablesen, dass einzelne bei den Unis nicht so strenge Maßstäbe anlegen wollten, wie bei Schulen.
Eine Kleinigkeit schlechter, aber immer noch stark befürwortet werden rauchfreie Ämter und Behörden mit einer Gesamtwertung von 1,60.
Bei rauchfreien Krankenhäusern zeigt sich bereits eine gewisse Zurückhaltung. Das nicht mehr ganz so zustimmende Resultat von 1,69 rührt immer noch bei einigen von einem falschen Mitleidsverständnis her, frei nach dem Motto, man könne doch den armen Kranken nicht auch noch das Rauchen verbieten. Dabei stellt sich gerade im Zusammenhang mit einem Krankenhausaufenthalt bei vielen Rauchern eine gesteigerte Bereitschaft und Motivation zum Aufhören ein. Dieser Wunsch wird jedoch von vielen Politikern ins Gegenteil verkehrt, da sie offensichtlich der Auffassung sind, den Nikotinsüchtigen müsse ihr Stoff jederzeit und überall zur Verfügung gestellt werden.
Eine wachsende Abneigung der Bundestagsabgeordneten gegenüber einer wirksamen Tabakkontrollpolitik zeigt sich beim Tabakwerbeverbot. Die Frage nach der Abschaffung der Tabakwerbung erhält nur noch die Note 1,82.
Die geringste Zustimmung finden rauchfreie Gaststätten mit 2,18 und Abschaffung der Tabakautomaten mit 2,31. Die unzutreffenden Behauptungen des DEHOGA, ein Rauchverbot würde angeblich die Gastronomie zu Grunde richten, scheinen leider auf fruchtbaren Boden bei den Entscheidungsträgern gefallen zu sein. Die Erfolgsmeldungen aus Irland, Italien, Schweden oder Norwegen sind offensichtlich bei den Politikern noch nicht angekommen, oder stoßen gar auf bewusst bewusst taube Ohren.
Das Ergebnis der Befragung nach Parteien aufgeschlüsselt, sowie die interessantesten Kommentare der befragten Bundestagsabgeordneten, werden in Kürze in einem weiteren Bericht auf dieser Seite veröffentlicht.