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Tessiner Gastronomie wird rauchfrei

[13.10.2005/ls] Gestern Abend verabschiedete der Große Rat des südlichsten schweizer Kantons Tessin eine Änderung des Gaststättengesetzes, die ein generelles Rauchverbot für Restaurants, Bars und Diskotheken vorsieht. Tabakkonsum wird dort in Zukunft nur noch in räumlich getrennten "Fumoirs" mit effizienter Lüftung erlaubt sein. Bis Personal und Gäste in den Genuss dieses Rauchverbots kommen müssen sie sich allerdings noch bis zu einem Jahr gedulden. Dieser Zeitraum wird den Wirten als Übergangsfrist zur Umrüstung eingeräumt.

Das Gesetz wurde mit 46 zu 17 Stimmen bei 13 Enthaltungen angenommen. Dabei liegt diese Befürworterquote sogar noch unter den Bevölkerungswünschen. Nach einer Umfrage sprachen sich zwei Drittel der Bürger des Kantons für ein Rauchverbot in der Gastronomie aus. Im italienischsprachigen Tessin war das Rauchverbot des Nachbarn Italien mit regem Interesse aufgenommen worden. Insbesondere dessen großer Erfolg dürfte einen wesentlichen Beitrag zur Überzeugung vom Sinn wie auch von der Machbarkeit geleistet haben. Bei den Wirten konnte das Ausbleiben der von der Tabaklobby nicht ganz uneigennützig prognostizierten Umsatzeinbußen die Bedenken über eine Existenzgefährdung ausräumen, so dass keinerlei rationale Argumente mehr gegen ein Rauchverbot sprachen. Damit sprach sich auch der Branchenverband GastroTicino, der etwa 1.600 Mitglieder repräsentiert, im Sommer für die Einführung eines Rauchverbots aus.

Als Sieg der Vernunft ist auch die Entscheidung des Kantonalrates zu sehen, eine Aufweichung des Gesetzes durch Ausnahmen für Nachtclubs, Diskotheken und Pianobars abzulehnen. Dies war von der vorberatenden Großratskommission als Kompromissvorschlag empfohlen worden. Dabei sorgte bei den Abgeordneten vor allem die Tatsache für Unverständnis und Ablehnung, dass ausgerechnet die beliebtesten Vergnügungsorte für Jugendliche vom Schutz ausgenommen werden sollten. Im Zusammenhang mit weiteren Bedenken führte dies letztendlich zu dem klaren Votum für einen umfassenden Schutz vor dem Tabakqualm und einem entsprechenden Rauchverbot in der Gastronomie.

Ein Vertreter der Nikotiniker unter den Gastwirten verunglimpfte in einer Zeitung diese Entscheidung als "Taliban-Regime", andere beklagten die zunehmende Einschränkung der Freiheit der Bürger. Dabei verkennen sie jedoch völlig die Realität. Denn durch das Rauchverbot werden Personal und Gäste vor dem gesundheitsschädlichen und langfristig oft tödlichen Tabakqualm geschützt. Und die Freiheit aller Betroffenen vor dem gefährlichen Schadstoffgemisch ist höher zu bewerten, als das Verlangen einer uneinsichtigen Minderheit nach Suchtbefriedigung. Die Bekämpfung von Umweltsünden, zu denen in unserer heutigen Zeit ganz besonders die ungehemmte Verbreitung von Tabakqualm gehört, ist keine Einschränkung von Freiheit, sondern die Befreiung von überkommenen mittelalterlichen Ritualen.

Der Tessin nimmt mit seiner Entscheidung eine Vorreiterrolle unter den schweizer Kantonen ein. Schon bald könnte der nächste folgen, im Graubündner Kantonsparlament wird das Thema bereits in der kommenden Woche zur Sprache kommen.


Quellen und weitere Informationen

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