Dagmar Schipanski stolpert über ihre Verbindung zur Tabakindustrie
Forum Rauchfrei enthüllt skandalösen Interessenkonflikt
[29.07.2005/pk]
Dagmar Schipanski spielte ein doppeltes Spiel; ob vorsätzlich oder unbewusst ist nicht bekannt. Als Präsidentin der Deutschen Krebshilfe bekämpft sie den Krebs, dessen häufigste vermeidbare Einzelursache das Rauchen ist. Daneben war sie im Stiftungsrat der Körber-Stiftung aktiv, in deren alleinigem Besitz sich die Hauni AG befindet, weltweit größter Hersteller von Maschinen zur Zigarettenproduktion mit 70 Prozent Marktanteil.
Den konsequenten Aktivitäten des Forum Rauchfrei ist es zu verdanken, dass dieses zweifelhafte Doppelspiel nun ein Ende hat. Die Deutsche Krebshilfe verkündete gestern, dass Dagmar Schipanski von ihrem nicht mehr haltbaren Posten im Stiftungsrat der Körber-Stiftung zurückgetreten ist.
Das Forum Rauchfrei hatte am 07.07.2005 die "prekäre Doppelrolle" Schipanskis kritisiert, und sie wegen des Interessenskonflikts zum Rücktritt aufgefordert. Dazu Johannes Spatz, Sprecher des Forum Rauchfrei: "Als Präsidentin der Deutschen Krebshilfe bekämpft sie den Krebs, den sie als Mitglied im Stiftungsrat der Körber-Stiftung fördert".
Gegenüber der taz wies die CDU-Politikerin Schipanski, die seit 2004 auch den Posten als Präsidentin des Thüringer Landtag innehält, die Forderungen mit den Worten "Ich sehe hier keinen Interessenkonflikt" zurück. Die begründeten Skrupel ignorierte die Kritisierte. Die taz verlieh ihr für diese unverfrorene Doppelrolle den Titel "Gummimensch der Woche".
Der bemängelte Interessenkonflikt könnte auch eine konkrete jahrelange Behinderung der Tabakprävention verursacht haben. Verwunderlich sei, so Johannes Spatz, dass die Deutsche Krebshilfe trotz der Summe von 70 Millionen Euro, die ihr jährlich zur Verfügung stehen, die Tabakprävention stiefmütterlich behandelt habe. Insbesondere die unverzichtbare gesellschaftliche und damit politisch orientierte Tabakprävention habe die Deutsche Krebshilfe bis heute nicht gefördert.
Spatz fordert deshalb eine wissenschaftliche Analyse der Strategie der Tabakindustrie. Offenbar bezwecken die Tabakkonzerne, ihr stark beschädigtes Image durch die Selbstdarstellung als Wohltäter im Bereich des gesellschaftlichen Engagements aufzupolieren. Daran dürfe sich die Deutsche Krebshilfe nicht beteiligen.
Nachdem Dagmar Schipanski nicht gewillt war, aktiv zur Auflösung dieses Interessenkonflikts beizutragen, wandte sich das Forum Rauchfrei in einem offenen Brief an den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Krebshilfe. Der Sprecher des Forum Rauchfrei kritisierte darin, "dass Frau Schipanski bei der Krebsprävention und gleichzeitig im Lager der Mitverantwortlichen für 30 Prozent aller Krebserkrankungen tätig ist". Auf Grund dieses inakzeptablen Spagats bat Spatz den Vorstand der Deutschen Krebshilfe, "alles zu unternehmen, damit Frau Schipanski aus ihrem Amt als Präsidentin der Deutschen Krebshilfe ausscheidet".
In der folgenden Presseerklärung erläuterte Spatz, dass die Körber-Stiftung, deren Konzerntochter Hauni bei Produktionsanlagen für Tabakdrogen weltweit eine führende Rolle spielt, für die Tabakindustrie zweifellos mehr als ein nachgeordneter Lieferant ist. Dieser Tatsache muss Rechnung getragen, das "bewusste Schweigen um die Rolle von Frau Schipanski beendet" werden.
In der Pressemeldung heißt es weiter: "Spatz fordert eine allgemeine Debatte über Verflechtungen von Repräsentanten führender gemeinnütziger Organisationen, Politik und Wissenschaft mit der Tabakindustrie. Wie der erst kürzlich im Spiegel veröffentlichte Bericht über die Käuflichkeit führender Gesundheitswissenschaftler zeigt, reicht der Einfluss der Tabakindustrie tief in unsere Gesellschaft hinein. Auch zeigt die Beteiligung von Wissenschaftlern und Politikern bei von der Tabakindustrie gesponserten Preisen und Geschenken an soziale und kulturelle Projekte, wie weit die globalisierte Tabakindustrie in Deutschland bereits gesellschaftlich Wurzeln geschlagen hat."
Die hartnäckige Aufklärungsarbeit des Forum Rauchfrei resultierte in der gestrigen Mitteilung der Deutschen Krebshilfe über den Rücktritt von Dagmer Schipanski bei der Körber-Stiftung.
Es bleibt zu hoffen, dass Dagmar Schipanski mit der Aufgabe ihres Postens bei der Tabakindustrie die Verbindungen zu dieser schmutzigen Industrie wirklich abgebrochen hat, und nicht weiterhin als Tabaklobbyistin bei der Krebshilfe, im Rundfunkrat, im Thüringer Parlament usw. agiert.
Die Körber-Stiftung hält alle Anteile der Körber AG, die als Holding für die Hauni AG und drei weitere Maschinenbauunternehmen fungiert. Die Körber AG erwirtschaftet 44 Prozent ihres Umsatzes, jährlich über 600 Millionen Euro, mit der Tabaksparte.