Forschten deutsche Wissenschaftler für Geld der Tabakindustrie?
[06.06.2005/cc]
Der Spiegel berichtet aktuell von einem Skandal, der ausgerechnet im
Bereich der Präventivmedizin angesiedelt ist. Jahrelang haben sich
scheinbar namhafte deutsche Wissenschaftler - meistens über den Umweg
von Stiftungen - Forschungsarbeiten von der Tabakindustrie finanzieren
lassen. Ergebnisse dieser Arbeiten waren so haarsträubende Thesen wie
"Zigaretten könnten gezielt zur Stressbewältigung eingesetzt werden,
Ihr Konsum - sofern maßvoll - leiste mithin einen Beitrag zur
Gesundheitsförderung" (Jürgen Freiherrr von Troscke, Universität
Freiburg).
In den USA müssen Tabakkonzerne seit einigen Jahren
Teile ihrer Firmenunterlagen veröffentlichen. Das schreibt eine
Vereinbarung zwischen US-Bundesstaaten und Konzernen wie Philip Morris
oder R.J. Reynolds vor. Ab 1998 finden sich entsprechende Dokumente im
Internet - mittlerweile sind es mehr als 42 Mio. Schriftstücke. Dadurch
kamen auch die Machenschaften in Deutschland ans Licht.
Der Berliner Gesundheitswissenschaftler und Publizist Dietmar Jazbinsek
recherchierte in diesem Bereich und hat die Ergebnisse in einem Bericht
für das WHO-Zentrum in Heidelberg zusammengefasst.
Alle Forschungsergebnisse und Vorträge, die die Schädlichkeit der
Tabakprodukte relativierten, waren der Tabakindustrie willkommen und
wurden anscheinend durch die "Freiburger Gesellschaft für
sozialwissenschaftliche Forschung in der Medizin" und den VDC großzügig
entlohnt. Auch der ehemelige BGA-Präsident Überla ließ sich wohl ein
Forschungsprojekt zum Thema Passivrauchen mit 1,6 Millionen Mark
finanzieren.
Frau Dr. Pötschke-Langer, Leiterin des Zentrums für Tabkkontrolleder
WHO in Heidelberg, bedauert sehr, dass die kooperationsbereiten
Gesundheitswissenschaftler durch ihre Studien den "frühzeitigen Tod von
Hunderttausenden ignorieren" und Präventionsbemühungen jahrelang
behindert haben.