[13.05.2005/cc]
Kein Land in Europa hat so viele Zigarettenautomaten wie Deutschland. Jedes
Kind kann sich dort mit den Tabakdrogen versorgen. Aufkleber mit dem
Hinweis auf das Jugendschutzgesetz (Rauchen unter 16 Jahren ist nicht
erlaubt) haben wohl noch kein Kind und keinen Jugendlichen vom Kauf
abgehalten...
Deshalb fordern Jugendschützer und Nichtraucher-Organisationen
schon lange die Abschaffung der Automaten
und lehnen die Regelung ab, wonach die Automaten bis 2007 auf
Chipkartensysteme umgestellt werden sollen. Die Umrüstungskosten von
circa 300 Millionen Euro hätten Tabak-Großhändler und
Automatenauftseller zu tragen.
Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS), vertreten vom
Geschäftsführer Rolf Hüllinghorst, hält die Geldkartenlösung für
unzureichend und fordert nachdrücklich die "Abschaffung aller
Zigarettenautomaten in Deutschland". Nirgenwo in Europa rauchen so
viele Kinder und Jugendliche.
Das liegt sicher auch an der laxen Auslegung des Jugendschutzgesetzes.
Dabei ist der blaue Dunst für jugendliche Lungen offenbar besonders
schädlich: Bei Menschen, die vor dem 15. Lebensjahr mit dem Rauchen
beginnen, wird die Erbsubstanz (DNA) der Blut- und Lungenzellen sehr
viel stärker geschädigt, als bei Personen, die erst später anfangen.
Die Zahlen sind erschreckend: Die meisten Jugendlichen paffen ihre
erste Zigarette zwischen 13 und 14 Jahren, jeder Zehnte von ihnen ist
sogar unter 11 (Quelle: John K. Wiencke et al., Journal of the National
Cancer Institute, 1999).
Anstatt diese sinnvolle Forderung also zu unterstützen, fällt die
Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk, der DHS in
den Rücken und erklärt, dass dem Jugendschutz mit der Geldkartenlösung
ausreichend Rechnung getragen wird. Aber was will man von einer
Regierung erwarten, deren derzeit noch amtierende Justiziministerin
(Brigitte Zypries) behauptet, dass die Zigarettenautomaten doch längst
"von der Straße verschwunden seien". Justitia ist hier wirklich auf beiden Augen blind.