[11.11.2004/pk]
In unserem Artikel "Irland: Druck auf britischen Teil der Insel wächst"
berichteten wir bereits, dass durch das im März 2004 in Irland in Kraft
getretene Rauchverbot der Ruf nach einem besseren Schutz vor dem
Tabakqualm auch in Großbritannien immer lauter wird.
Die Führungsrolle innerhalb des Vereinigten Königreichs nimmt nun aber
doch nicht Nordirland ein - die Schotten waren schneller. Nach diversen
Medienberichten entschied die schottische Landesregierung am gestrigen
Mittwoch die Einführung eines allgemeinen Rauchverbots an öffentlichen
Orten wie Kneipen und Restaurants.
Das unabhängige schottische Parlament, dass im Jahr 1999 als ein
wichtiger Schritt der schottischen Eigenständigkeit ins Leben gerufen
worden war, muss diesem Gesetz noch zustimmen, bevor das Rauchverbot
wie geplant im Frühjahr 2006 in Kraft treten kann. Diese Zustimmung
wird jedoch noch vor Weihnachten dieses Jahres erwartet.
Schottlands Regierungschef Jack McConnell kommentierte diesen Schritt:
"Wir erhalten damit die Chance zu einer wegweisenden Veränderung in der
Gesundheitslage unserer Nation". Nach Angaben der stellvertretenden
Gesundheitsministerin Rhona Brankin sterben in Schottland jedes Jahr
13.000 Menschen an den Folgen des Rauchens, und 35.000
Krankenhauseinweisungen sind ebenfalls auf die Tabakdroge
zurückzuführen.
Der Erfolg des Rauchverbots des Nachbarn Irland wird in Schottland als ein
wesentlicher Grund für die Einführung einer ähnlichen Regelung im
eigenen Land genannt. Selbst die Kritiker, die Irland ein
Kneipensterben prognostizierten und die inzwischen allgemein
akzeptierten Regelungen als undurchsetzbar bezeichnet hatten,
betrachten nun den Erfolg des irischen Rauchverbots mit Erstaunen.
Auch den sprichwörtlich höflichen und rücksichtsvollen Briten ist
angesichts des gewaltigen Suchtpotenzials der Nikotindrogen klar, dass
diese gesetzliche Regelung nicht vollständig ohne Sanktionen
durchsetzbar ist. Ähnlich wie in Irland müssen demzufolge die Besitzer
von Gastronomiebetrieben bei Verstößen mit Geldstrafen von bis zu
2.600£ (etwa 3.700€) rechnen. Raucher, die das Verbot missachten,
sollen mit bis zu 100£ (zirka 140€) zur Kasse gebeten werden.
Hartnäckige Wiederholungstäter müssen jedoch mit schärferen Sanktionen
rechnen, hier soll die Grenze bei 1.000£ liegen.
Durch das Engagement Schottlands nimmt auch der Druck auf die Londoner
Zentralregierung zu, in den übrigen Landesteilen mehr für den Schutz
vor dem äußerst schädlichen Tabakqualm zu tun. Der britische
Gesundheitsminister John Reid, selbst Schotte und ehemaliger
Kettenraucher, war in der jüngsten Vergangenheit bereits massiv wegen
seiner Verschleppungstaktik in die öffentliche Kritik geraten. Reid
strebt nach Aussage von Regierungskreisen "eine Kompromisslösung
zwischen einem totalen Rauchverbot und dem Status quo an. Bars, Pubs
und Restaurants, die ihren Kunden das Rauchen weiterhin erlauben
wollen, sollen sich nach seinem Plan dafür entsprechende Lizenzen bei
den örtlichen Behörden einholen".
Eine derartige Lösung ist jedoch nicht nur nach Ansicht von
Rauchgegnern völlig unzureichend, auch führende Wissenschaftler
schließen sich dieser Auffassung an. Im Oktober wurde der Bericht einer
von der Regierung beauftragten hochkarätigen Expertenkommission
fertiggestellt, die zu dem Schluss kamen, dass sich "das Risiko von
Lungenkrebs und Herzkrankheiten durch das passive Rauchen massiv
erhöht".
Großbritanniens Gesundheitsminister Reid hatte unlängst auch durch eine
Bemerkung für öffentlichen Ärger gesorgt, als er zum Besten gab "die
Zigarette zähle für viele Menschen aus den ärmeren
Bevölkerungsschichten zu den wenigen Lebensfreuden". Umfragen in
Schottland und England hatten wiederholt gezeigt, dass etwa Dreiviertel
der Befragten ein Rauchverbot an öffentlichen Plätzen befürworten.