[19.10.2004/ls]
Professor Dr. Andreas Heinz von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
der Charité Berlin konnte mit seiner Arbeitsgruppe Suchtmedizin nachweisen,
dass Bilder das so genannte Suchtgedächtnis aktivieren, sogar nach langer Zeit
der Abstinenz.
Die Mediziner der Charité forschen seit geraumer Zeit nach Lösungen des
Problems, dass bei vielen Suchtkranken die Rückfallrate extrem hoch
ist. Deshalb suchen sie nach den Ursachen, um daraus neue
Behandlungsmethoden ableiten zu können. Die Forschungsprojekte werden
wissenschaftlich von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem
Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Bei den meisten Formen der Sucht sind die Ursachen für die
Abhängigkeit im Wesentlichen vergleichbar, wobei es keinen Unterschied
macht, ob es sich bei dem verwendeten Suchtmittel um Nikotin, Heroin
oder Alkohol handelt. In der Regel werden Drogen besonders gerne in
speziellen Situationen wie beispielsweise Stress konsumiert. Wie auch
bei harmloseren Belohnungen wird im Gehirn der Drogenkonsum mit einem
angenehmen Gefühl assoziiert.
Die damit verbundenen Reize verändern auf Dauer die Gehirnstruktur, es
bilden sich neue Nervenzellen, die auf die Stimulanzien reagieren.
Damit hat sich die Sucht im Gehirn ihre eigenen
"Zuständigkeitsbereiche" gebildet, die umso mehr Glücksgefühle
vermitteln, je mehr Rezeptoren für die anregenden Suchtmittel zur
Verfügung stehen. Dadurch gerät der Abhängige in eine Spirale der
Sucht, die bis zum totalen Kontrollverlust führen kann.
Das Team um Professor Heinz hat nachgewiesen, dass sich dieses
Suchtgedächtnis offensichtlich sehr lange hält. Mit Hilfe der
funktionellen Magnet-Resonanz-Tomographie (fMRT) wurde das
Suchtgedächtnis "in Aktion" erforscht. Diese Methode erlaubt die
Aufnahme von Bildern des Gehirns, ohne dass der Proband dadurch
gesundheitliche Beeinträchtigungen erleiden würde. Untersucht wurden
damit die Reaktionen des Gehirns auf Suchtmittel, die eine Analyse der
Veränderungen in der emotionalen und motivationalen Wahrnehmung
erlauben.
Den Probanden wurden Bilder von Drogen beziehungsweise Drogenkonsum
vorgeführt, worauf die Aktivität des Suchtgehirns gemessen wurde. Diese
Untersuchungen zeigten, dass selbst nach einem halben Jahr der
Abstinenz im Belohnungszentrum des Gehirns eine stärkere Reaktion
auftritt als bei der Vergleichsgruppe der Nichtsüchtigen. Die
Rückfallhäufigkeit steht in direktem Verhältnis zur Stärke der
gemessenen Aktivität des Suchtgedächtnisses.
Die Tabakindustrie macht sich diese Erkenntnis schon lange zu Nutzen.
Nicht umsonst unterhalten die Tabakmultis ihre eigenen
Forschungseinrichtungen und sponsern die Forschung zur Untersuchung der
Wirkung der von ihnen produzierten Tabakdrogen sowie deren Optimierung.
Dass von dieser Seite die Veröffentlichung gewisser Erkenntnisse
ausbleibt, sondern nur für den "internen Gebrauch" ausgenutzt wird, ist
nicht weiter verwunderlich.
Filmindustrie und Fernsehen werden massiv beeinflusst, um möglichst
viele Rauchszenen zu zeigen. Ob Krimi oder Soap, unablässig qualmen die
Akteure. Auch in Talkshows ist oft die demonstrative Zurschaustellung
des Tabakdrogenkonsums zu beobachten. Selbst bei dramatischen Worten
über Krieg und Frieden wird oft der Sprechende ausgeblendet, um statt
dessen in größtmöglicher Nahaufnahme irgendeinen anderen
nikotinabhängigen Diskussionsteilnehmer zu zeigen, wie dieser sich
gerade eine Kippe anzündet.
Nach dem obigen Bericht handelt es sich hierbei nicht einfach nur um
"Product Placement". Auf subtile Weise wird dadurch sofort bei
abstinenten Ex-Süchtigen, aber auch bei allen Süchtigen, das Gehirn
angeregt, ein sofortiges Bedürfnis nach Befriedigung dieser Sucht zu
erzeugen. Die Tabakindustrie steigert dadurch ihre Absatzzahlen und
muss sich auch die Verantwortung für viele rückfällige Ex-Raucher
zurechnen lassen.
Aus dem gleichen Grund ist für die Tabakindustrie auch eine
Raucher-Gastronomie von besonderem Interesse. Denn je mehr die anderen
Gäste rauchen, desto größer wird die Versuchung für Raucher wie
Ex-Raucher, sich ebenfalls einen Glimmstängel anzustecken. Deshalb hat
die Tabaklobby auch den DEHOGA ins Boot geholt, um die
Sucht-Infrastruktur aufrecht zu erhalten.