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Spotlight-Artikel über das Rauchverbot in Irland

[24.08.2004/pk] Schon zu oft mussten wir über unsachliche Berichterstattung der deutschen Medien im Zusammenhang mit dem Rauchverbot in Irland berichten. Doch es gibt hin und wieder auch positive Ausnahmen.

Aktuell präsentierte die englischsprachige Zeitschrift Spotlight in der August-Ausgabe den Artikel "BUSINESS: Butting Out", der einen umfassenden und äußerst sachlichen Überblick über das irische Rauchverbot am Arbeitsplatz bietet.

Wie in vielen anderen Berichten auch beginnt die Geschichte mit dem "klassischen" Bild Irlands: alte Männer mit ihren traditionellen Tweed-Mützen sitzen in einem Pub, mit einem Guinness in der Hand und in dicken Qualm eingehüllt. Das war zumindest das Bild, das bis zum 29. März 2004 gepflegt wurde. Dann kam das Rauchverbot am Arbeitsplatz, das auch konsequent in allen Pubs und Restaurants gilt.

Anders als viele andere, tabaklobbygesteuerte Medien bemüht Spotlight aber nun nicht den angeblichen Verfall von imaginären irischen Werten, um sofort über diese vermeintliche Freiheitsberaubung herzuziehen. Trotz der Kürze der Berichterstattung werden die wesentlichen Faktoren genannt. Auch die hohe Akzeptanz und die überwiegend positive Einstellung der Iren gegenüber diesem Fortschritt werden nicht (wie in vielen anderen deutschen tabaklobbygesteuerten Medien) vergessen.

Ganz klar ist, dass die irische Regierung sich von dem kurz zuvor in New York eingeführten Rauchverbot leiten ließ. Auf Grund der positiven Erfahrungen mit dem Rauchverbot in der New Yorker Gastronomie bestand keine Gefahr, dass die Iren auf die gerne und schon beinahe gebetsmühlenhaft vorgebrachten Unkenrufe der Gastronomie hereinfiel, die das "Rauchverbot als Dolchstoß" für eine gefährdete Branche propagierten. Denn die New Yorker Gastronomie floriert nicht nur weiterhin, sie konnte seit der Einführung ein Umsatzplus von 9 Prozent verzeichnen, und schaffte damit 10.000 neue Arbeitsplätze.

Spotlight erwähnt auch das Beispiel vier weiterer US-Bundesstaaten, die ähnlich restriktive Gesetze in Bezug auf das Rauchen in der Öffentlichkeit erlassen haben: Connecticut, Delaware, Maine und Kalifornien. Auch Toronto als größte Stadt Kanadas war diesem Beispiel unlängst gefolgt.

In New York wird die Einhaltung des Rauchverbots von Gesundheitsinspektoren überwacht, die den betroffenen Einrichtungen unangemeldete Kontrollbesuche abstatten. Bei Gesetzesverstößen werden die Wirte mit 200 US-Dollar Strafe belegt.

An dieser Stelle ist vielleicht noch ein kleiner Hinweis angebracht. In Deutschland existieren ebenfalls derartige Gesundheitsinspektoren, wenn auch unter anderem Namen, und bisher leider ohne entsprechende Befugnisse in Bezug auf das Rauchen. Jeder Gastronom und jeder Veranstalter eines Sportfestes mit nur einer Imbissbude weiß von den Auflagen der Bezirksinspektionen (in anderen Städten und Gemeinden evtl. unter anderem Namen bekannt). Es ist ein Anachronismus, dass diese Inspektoren nichts dagegen tun können (dürfen), dass die Gäste mit tabakrauchverseuchter Luft und Krebs erregenden Nikotinwerten im Essen konfrontiert werden.

Aber zurück zum Spotlight-Bericht über Irland. Das New Yorker Beispiel machte auch den irischen Behörden klar, dass ein derartiges Verbot nicht ohne Sanktionen durchzusetzen sei. Warum die Strafen in Irland noch deutlich höher als in New York ausfallen hat einen einfachen Grund: die irische Polizei machte von Anfang an unmissverständlich klar, dass sie nicht die Mittel und das Personal hätte, um mit umfassenden Gesetzesbrüchen fertig zu werden. Deshalb wurden die Wirte in die Pflicht genommen, die bei Verstößen Strafen bis zu 3000,- Euro riskieren, und im Extremfall sogar ihre Alkohollizenz auf's Spiel setzen.

Bei allen emotionalen Debatten in einem Land, das immer noch eine Raucherquote von gut einem Viertel der Bevölkerung aufweist, setzte sich dennoch die Erkenntnis durch, dass dieses Rauchverbot notwendig sei. Irland hat die höchste Quote von Herzkrankheiten in Europa.

Die Hauptidee hinter dem Rauchverbot ist der Schutz aller Arbeitnehmer vor dem schädlichen Zigarettenrauch. Die gemeinnützige Organisation "Action on Smoking and Health" meldet, dass jährlich 7000 Todesfälle unter den Iren durch das Rauchverbot verhindert werden können. Der Gastronomenverband "Vintners' Federation of Ireland" warnte hingegen vor Umsatzeinbußen und weg bleibenden Touristen. Schließlich gehe für viele Menschen Alkoholgenuss und Rauchen Hand in Hand.

Bisher jedoch bewährte sich das Rauchverbot erstaunlich gut. Nach einer großen emotionalen Debatte vor dem Start wird die neue Regelung allgemein akzeptiert, und verursachte auch keinerlei Schaden für den "craic" - so nennen die Iren ihr gemütliches Beisammensein.

Wichtig an diesem Rauchverbot ist, dass es keine Hintertürchen für die Raucher gibt. In allen Bars und Restaurants hängen deutlich sichtbar die Rauchverbotsschilder, auf Zigarettenpackungen prangen in dicken Buchstaben die Warnhinweise, und im Kino läuft Werbung, die von Rauchen abhalten soll. Viele Iren haben damit das Rauchen aufgegeben, eben weil sie keine Schlupflöcher für ihre Sucht mehr haben.

Spotlight zitiert den Taxifahrer Pat Kiernan aus Dublin, der selbst bereits vor 15 Jahren das Rauchen aufgegeben hatte: "Es ist großartig. Wenn sich jemand eine anzündet, dann musst du ihn nur darauf hinweisen, dass es das Gesetz ist, und damit ist alles klar." Dadurch hatte er noch nie Probleme mit (rauchenden) Fahrgästen. Taxis sind ebenfalls Arbeitsplätze, und unterliegen damit selbstverständlich dem Arbeitsschutzgesetz.

Zum Abschluss des gelungenen Artikels zitiert Spotlight noch einige Referenzen und listet einige interessante Links auf. Wer auch nur halbwegs des Englischen mächtig ist (Spotlight richtet sich besonders an Lernende der englischen Sprache, bemüht sich also um verständliche Ausdrucksweise), der sollte sich die Spotlight-Seite und auch die betreffenden Links einmal ansehen.

Besonders interessant ist darunter auch der Hinweis auf ein Beschwerdeformular, das die Stadt New York online stellte - so ernst wird die Angelegenheit dort genommen.

Und zum Abschluss noch ein Zitat: "Tabak ist einzigartig: der einzige Konsumartikel, der bei bestimmungsgemäßem Gebrauch zum Tod führt - 114.000 Todesfälle jedes Jahr in Großbritannien".


Quellen und weitere Informationen

Beschwerdeautomat
Beschwerde über Verstoß gegen Gleichstellung behinderter Menschen
Petition zum Schutz der Beschäftigten in der Gastronomie vor Zwangsmitrauchen
Abschiedsbrief an Restaurant wegen Rauchbelastung
Anfrage nach rauchfreien Restaurants
Irland
Deutschland Schlusslicht bei Tabakkontrolle
Irland intensiviert Kampf gegen Schmuggel
Wie dumm sind rauchende Jugendliche?
Irland: Jugendliche kommen viel zu leicht illegal an Tabakdrogen
Fünf Jahre gesetzlicher Nichtraucherschutz in Irland
Irische Kids qualmen weniger
Nordirland beschließt Rauchverbot
Gastronomie
Familienfreundliche Festzelte und Brauchtumsveranstaltungen sind rauchfrei
Rauchfreie Gastronomie in Deutschland auf Erfolgskurs
Rauchverbot in der Öffentlichkeit fördert Rücksichtnahme im privaten Bereich
Seit 2011 keine Subventionen mehr für Tabakanbau in Europa
Bayern feiert einjähriges Nichtraucherschutzgesetz
Nichtraucherschutz in der deutschen Gastronomie
Bayerisches Gesundheitsschutzgesetz besteht erneute Bewährungsprobe
Arbeitsplatz
Familienfreundliche Festzelte und Brauchtumsveranstaltungen sind rauchfrei
Kein Anspruch auf Zigarettenpause am Arbeitsplatz
Halbherziges Rauchverbot in Spanien gescheitert
Polen und Serbien führen Nichtraucherschutz ein
Tabak - Risiko für die Umwelt und Schaden für die Volkswirtschaft
Nichtraucherschutz nicht verhandelbar
Fünf Jahre gesetzlicher Nichtraucherschutz in Irland
Aktuelles
Tabak-Lobbying tötet
Zigarettenverband setzt Marianne Tritz vor die Tür
Smartphone-Apps für Tabakwerbung missbraucht
Illegale Werbung: British American Tobacco verurteilt
Ethischer Kodex mit Biss
Verkauf von Zigaretten mit Aromakapsel in Deutschland illegal
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Zusatzstoffe verstärken das Gesundheitsrisiko von Zigaretten
Grünes Licht für Einheitsverpackung in Australien
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