[21.08.2004/cc]
Zum Thema Gastronomie in der Krise schreibt die Süddeutsche Zeitung am
20.08.2004 im Münchner Teil "Statt drei Bier nur noch eins"...
Da wird von "dramatischer Zuspitzung der Lage" und "massiven Umsatzeinbrüchen" berichtet. Dafür führt man vielerlei Gründe an:
Das schlechte Wetter sorgt für Umsatzeinbrüche in den Biergärten von bis zu 40 Prozent
In München gibt es 2.000 Gaststätten zuviel
Mangelnde Ausbildung der Gastronomen: "jeder kann Wirt werden"
Zu hohe Mieten und Personalkosten
"Schwarzgastronomie" (Vereins- und Waldfeste)
"Temporäre Gastronomie" - Clubs und Bars, die z.T. in
Abbruchhäusern untergebracht sind - schafft Konkurrenz (Anmerkung: das
Kreisverwaltungsreferat überwacht auch hier die Einhaltung der Auflagen)
Das veränderte Konsumverhalten der Gäste, denen "das Geld fehlt" und die kürzer verweilen
Schlechte Lüftung (bezieht sich hier aber nur auf die Sommerhitze!)
Der Präsident des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (BHG), Ludwig
Hagn, sieht in einer Marktbereinigung die einzige Chance zur Wende. Er
sieht offenbar keinerlei Handlungsbedarf - so nach dem Motto "schau ma
mal, dann seh ma schon". Wo bleibt die aktive Unterstützung der
Mitgliedsbetriebe durch den Verband?
Bei der obigen Liste ist
nicht mal ansatzweise von verqualmter Luft die Rede. Die Dachverbände
der Gastronomie - und die Autorin Astrid Becker - gehen scheinbar davon
aus, dass sowieso nur Raucher - weil ja die "gemütlicheren Mitmenschen"
- in Lokale gehen. Dass bei sinkendem Realeinkommen und steigenden
Zigarettenpreisen gerade diese Zielgruppe immer weniger Geld zur
Verfügung hat scheint nicht einmal dem Branchenverband bewusst zu sein.
Der DEHOGA schürt zusätzlich noch die Angst der Gastronomen vor
jeglicher Einschränkung der Raucher. Er behauptet, ein mittlerer
Betrieb würde dadurch im Jahr schätzungsweise 7.500,- Euro weniger
umsetzen. Dadurch wird eine mögliche Erschließung des Potenzials von 70
Prozent der Bevölkerung (die nicht rauchen) bereits im Keim erstickt.
Der DEHOGA zeigt hier also sein zynischstes Gesicht: seine
Mitgliedsbetriebe sollen lieber von der "reinigenden Kraft des Marktes"
hinweggefegt werden, als die Chance zu nutzen, der nicht rauchenden
Bevölkerung ein attraktives (rauchfreies!) Angebot zu bieten.Passend
zum Thema liest man in der gestrigen SZ (20.8.04) im Bayernteil noch
vom "Ende der Gemütlichkeit". Wie es einmal war, kann man sich in Bad
Windsheim bis 12. Dezember noch anschauen. Dort informiert eine
Sonderschau über Geschichte, Kultur und Verfall der bayerischen
Wirtschaften: www.freilandmuseum.de.
Festzustellen bleibt also, dass sich die Gastronomie derzeit bereits in einem
stetigen Abwärtstrend befindet. Diesen negativen Trend prognostiziert
der DEHOGA eigentlich erst für die Zeit nach der Einführung eines
Rauchverbots.
Quellen und weitere Informationen
SÃŒddeutsche Zeitung vom 20.08.2004 (MÃŒnchner Teil): "Statt drei Bier nur noch eins"