Irland: Druck auf britischen Teil der Insel wächst
Nordirland wird zum Modell für ein rauchfreies Großbritannien
[18.08.2004/pk]
Bei Irland denkt man gerne an die grüne Insel, auf der eine vernünftige
Regierung mittlerweile erfolgreich ein weitergehendes Rauchverbot
durchgesetzt hat, das von einer überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung
selbst beim Pub-Besuch mit jedem Atemzug genossen wird.
Doch allzu leicht wird übersehen, dass dieses Rauchverbot nur für die
Republik Irland gilt. Nordirland dagegen, die Provinz Ulster,
untersteht der britischen Gesetzgebung, und kann somit (noch) nicht von
diesem Fortschritt profitieren.
Tabaklobbyisten sprechen gerne davon, dass die rauchenden Gäste bei
einem Rauchverbot einfach ausweichen und die entsprechenden
Etablissements jenseits der Grenze aufsuchen würden, was einen Verlust
für die heimische Gastronomie bedeuten würde. Tatsache ist jedoch, dass
der Druck genau in der entgegengesetzten Richtung stetig wächst. Das
ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn man das Verhältnis von über
70 Prozent Bevölkerungsanteil der Nichtraucher gegenüber weniger als 30
Prozent Raucher betrachtet.
Auf der Website von Scotsman.com werden Bewohner Nordirlands zitiert: "Ich
lebe in Nordirland, aber ich fahre in die Republik, weil ich weiß, dass
ich dort die Wahl habe, mein Bier in einem rauchfreien Pub zu genießen". Oder: "Ich habe gesehen, dass in Irland das Rauchverbot in der Öffentlichkeit das
Geschäft nicht beeinträchtigt hat - das Geschäft boomt dort". Der
Druck auf die Pubs in Nordirland steigt beträchtlich, weil Nichtraucher
zunehmend wegbleiben und verstärkt die Pubs im Süden der Insel
aufsuchen. Aber auch Tausende von Beschwerden wurden in Nordirland
geäußert, weil weite Teile der dortigen Bevölkerung sich auf Grund des
fehlenden Schutzes vor dem Zwangsmitrauchen benachteiligt fühlen.
Der Belfast Telegraph
berichtete am 12. August 2004 von einem Appell der renommiertesten
Ärzte Nordirlands, die Rauchräume in allen Krankenhäusern der Provinz
zu schließen. In einem Interview verurteilte Dr. Peter Maguire
derartige Räume als "abstoßend".
Dr. Maguire äußerte weiterhin: "Krankenhäuser könnten ihre
Ressourcen viel nützlicher einsetzen. Das Geld sollte für ärztliche
Behandlung an Stelle von Rauchzimmern ausgegeben werden". Der
engagierte Mediziner, der auch das Amt des stellvertretenden
Vorsitzenden des "British Medical Association's Board of Science"
innehält und beratender Anästhesist am Daisy Hill Hospital in Newry
ist, hatte bereits die Chefs des Gesundheitsdienstes dort gedrängt,
einen Alleingang zu wagen, und ein Rauchverbot in der Öffentlichkeit
einzuführen.
Wie die überwiegende Mehrheit der Iren urteilt auch Dr. Maguire positiv über die Folgen des Rauchverbots in der Republik: "Ich
habe gesehen, dass das Rauchverbot in Irland das Geschäft nicht
nachteilig beeinflusst hat - in der Tat boomt das Geschäft.
Rauchfreiheit bedeutet Leben, nicht Tod".
Einem Bericht der BBC
zufolge hatte Dr. Peter Maguire bereits zu Beginn des Monats eine
Petition bei Premierminister Blair eingereicht, in der er die britische
Regierung zur Einführung eines entsprechenden Rauchverbots auffordert.
Zusammen mit Vertretern der "British Medical Association" überbrachte
Maguire die Briefe mit den Forderungen von mehr als 4500 Ärzten,
verpackt in eine riesige Zigarettenschachtel mit dem Warnhinweis
"Rauchfreie Arbeitsplätze retten Leben". Ein Foto ist im entsprechenden
BBC-Artikel zu sehen.
Bereits am 5. Juli 2004 hatte der Minister für Finanzen und Personal
Ian Pearson verkündet,
dass ab dem 1. Januar 2005 alle Regierungseinrichtungen (ausgenommen
Gefängnisse) in Nordirland rauchfrei werden. Der Minister kommentierte
diese neue politische Linie wie folgt: "Alle Regierungseinrichtungen
und das "Northern Ireland Office" legen größten Wert darauf, für alle
Beschäftigten einen sicheren und gesunden Arbeitsplatz zu schaffen und
zu erhalten. ... Die Entscheidung, ein komplettes Rauchverbot ab Januar
2005 einzuführen, basiert auf der zunehmenden medizinischen Erkenntnis
über die Risiken des Zwangsmitrauchens am Arbeitsplatz und den Gefahren
des Passivrauchens." (Anmerkung: das Rauchverbot ab Januar 2005
bezieht sich zunächst nur auf Nordirland, nicht auf das gesamte
Vereinigte Königreich.)
Gesundheitsministerin Angela Smith begrüßte die Entscheidung: "Dies
ist eine sehr wichtige arbeitgebergestützte Initiative, die im Einklang
mit dem im Juni 2003 veröffentlichten "Tobacco Action Plan" steht.
Diese Initiative wird, so die Hoffnung, weitere Arbeitgeber in
Nordirland zur Nachahmung anregen. Sie könnte auch denjenigen Raucher
helfen, die beabsichtigen, das Rauchen aufzugeben."
Nordirland ist damit für die britische Regierung das Pilotprojekt für
die Einführung eines Rauchverbots im gesamten Vereinigten Königreich.
Mit diesem Artikel möchten wir unser Irland-Special abschließen. Wir
konnten Ihnen damit hoffentlich einen umfassenderen Überblick über das
Rauchverbot in Irland geben, als die deutsche Presse in ihrer
Abhängigkeit von der Tabakindustrie.
Wir werden Sie natürlich weiterhin über die aktuelle Entwicklung und
interessante Ereignisse im Zusammenhang mit dem Rauchverbot in Irland
auf dem Laufenden halten.