[31.07.2004/pk]
Irland ist weithin für seine Gastfreundschaft bekannt. Im Frühjahr
dieses Jahres sorgte die Republik Irland mit einem weit gehenden und
sehr umfassenden Arbeitsschutzgesetz für weltweites Aufsehen, da
auch dem Schutz vor dem Zwangsmitrauchen ein hoher Stellenwert
eingeräumt wurde. Insbesondere werden die Beschäftigten der irischen
Gastronomie - im Gegensatz zu Deutschland beispielsweise - nicht wie
Menschen zweiter Klasse behandelt, sondern deren Schutzbedürfnis
gleichwertig mit allen anderen Arbeitnehmern und Angestellten
anerkannt.
Ein Mitglied unseres Redaktionsteams hatte nun das Vergnügen, im
Urlaub auf der grünen Insel persönliche Erfahrungen mit dem
Rauchverbot sammeln zu dürfen. Wird das Rauchverbot eingehalten?
Steht die Öffentlichkeit wirklich dahinter? Wie stehen die Wirte und
ihr Personal dazu? Was meinen die Gäste?
Dieser Bericht ist nicht das Ergebnis repräsentativer Umfragen,
sondern ein persönlicher Stimmungsbericht. Geschrieben aus der Sicht
eines nicht rauchenden Urlaubers, dessen Bedürfnisse nicht durch die
Nikotinsucht gesteuert oder beeinflusst werden. An passender Stelle
sollen auch einige ergänzende Fakten beigesteuert werden.
In den ersten Berichten unseres Irland-Special haben wir bereits
darüber berichtet, dass keine augenscheinlichen Verletzungen des
Rauchverbots zu bemerken waren. Nach offiziellen Angaben wird es
auch von den Gastronomiebetrieben zu 97 Prozent vollständig
eingehalten; die Öffentlichkeit steht weitest gehend dahinter.
Raucher werden nicht einfach auf die Straße abgeschoben, sondern es
werden im Freien Rauchertische mit Komfort eingerichtet.
Aber nun endlich zum ersten persönlichen Pub-Erfahrungsbericht.
Noch ziemlich am Anfang unseres Urlaubs suchten wir uns ein Pub, um
unseren Appetit zu besänftigen. Wir bevorzugten eher anti-zyklische
Essenszeiten, um dem größten Trubel zu entgehen, und so war auch
besagtes Pub zur Nachmittagsstunde nur mäßig besucht. Dennoch
mussten wir ewig auf die Bedienung warten, die aber durchaus
zwischendurch Zeit für ein ausgedehntes Schwätzchen mit ihr bekannten
Gästen hatte.
Nachdem es uns schließlich doch noch gelungen war zu speisen, kam
eine Dame herein, die die ganze Zeit rauchend auf den netten Hockern
vor dem Pub verbracht hatte, und sich nun als dessen Chefin
entpuppte. Aber die Wartezeiten wurden uns durch einen netten
älteren Gast verkürzt, der im Pub seinen Tee trank, und mit dem wir
ins Gespräch kamen. Zwischendurch verabschiedete er sich einmal nach
draußen; mit schon beinahe schuljungenhaft-betretenem Gesicht
erklärte er uns, er müsste jetzt mal schnell eine rauchen. Danach
trank er seinen Tee und ging.
Als auch wir schließlich gingen, fragten wir die Dame an der Bar
nach ihrer Meinung zu dem Rauchverbot. Sie sagte, die Gäste würden
deshalb weniger ins Pub gehen, und lieber zu Hause trinken. Wir
hatten gerade das Pub verlassen, als uns wieder der nette Gast von
zuvor begegnete, und uns mit verschmitzten (und auch sichtlich
beschwipsten) Gesicht erzählte, er hätte sich zu Hause ein paar
Schnäpschen gegönnt. Aber jetzt war er wieder da, ging ins Pubs um
seinen Tee (Anmerkung: Tee ist in Irland in jedem Pub günstig zu
erhalten) zu trinken, und zwischendurch vor dem Pub eine zu
rauchen... Wir dachten nur bei uns: so ein Zufall, am Rauchverbot
scheint es doch nicht zu liegen...?
Rückblickend betrachtet war dieses Pub zum Glück das einzige, in dem
wir einen schlechten Service erleben mussten. Und es blieb bei
unserem über zweiwöchigen Irland-Aufenthalt auch das einzige, in dem
sich jemand über das Rauchverbot beschwerte. Zufall...?
Dass ein desinteressiertes Auftreten gegenüber den Gästen nicht durch
Besucherrekorde honoriert wird ist nicht verwunderlich. Das kann sich
auch in Irland trotz Wirtschaftsbooms niemand leisten, schon gar nicht
bei einer Pub-Dichte, die zweieinhalb mal so hoch ist wie in
Großbritannien. Auffällig ist aber, dass gerade in diesem Fall wieder
einmal das Rauchverbot als Vorwand für mäßig laufende Geschäfte
herhalten muss.
Dazu äußerte ein Leser am 8. Juli 2004 in der Irish Times: "Die
Tendenz der Wirte, die einfache Alternative zu wählen und einem
externen Sündenbock die Schuld zuzuweisen, und nicht ihrem eigenen
internen Kartell von Abzockerpreisen, zeigt die Scheinheiligkeit
ihrer Position".
In einem längeren Artikel der Irish Times vom 9. Juli 2004 wurde
ebenfalls hierauf eingegangen. Hier ist der entsprechende
Ausschnitt:
"Der Getränkeumsatz in Irland ist in der Tat rückläufig. Aber dieser
Trend war schon vor dem Rauchverbot zu beobachten. Die öffentliche
Debatte um den gesellschaftlichen Schaden durch Alkoholmissbrauch
könnte diese Entwicklung beeinflusst haben, jetzt wo wir
EU-Spitzenreiter beim Alkoholkonsum sind. Es könnte auch an höheren
Preisen liegen."
Auch der Vorsitzende der Irischen Verbraucherschutzorganisation CAI
(Consumers Association of Ireland), Michael Kilcoyne, kritisierte im
Zusammenhang mit Preisabsprachen in Dublin (laut einem Zitat der
"Ireland On-Line" vom 20. Juli 2004): "Ein Preisaufschlag von bis
zu 500 Prozent bei alkoholfreien Getränken und Wasser ist skandalös,
die Kundschaft bricht nicht wegen des Rauchverbots sondern wegen der
Preise weg."
Aber nun wieder zurück zu unseren Gastronomie-Erfahrungen. In einem
größeren Restaurant mit Kneipe, Bar und Lounge hatten wir Glück, noch
einen Platz zu bekommen. Denn trotz der Lage, es befand sich wirklich
auf dem Dorf, war es bestens besucht. Das Essen war hervorragend, wir
wurden freundlich und aufmerksam bedient, und die Preise waren auch
in Ordnung ("billig" aus der Sicht deutscher Schnäppchenjäger gibt
es in Irland leider sowieso nicht). Am späten Abend des gleichen
Tages, es ging schon langsam auf die Sperrstunde zu, besuchten wir
dann auch noch die Bar, wo wir uns noch mit den letzten Gästen und
Barkeepern unterhielten.
Die Dame neben uns, die sich im Lauf des Gesprächs als die Chefin
entpuppte, erzählte, dass sie selbst 15 Jahre geraucht hatte.
Trotzdem ärgerte sie sich darüber, dass es immer wieder einige
Raucher gäbe, die sogar einer Dame den Rauch direkt ins Gesicht
blasen würden. Sie äußerte, dass die Gesellschaft mancher Raucher
damit richtig schmerzhaft sei, weswegen sie heute das Rauchverbot
begrüße. Interessant war auch ihre Bemerkung über die sehr gute
Belüftung an ihrer Bar. Nach ihren Worten war sie voll von der
Qualität ihrer hervorragenden Lüftungsanlage überzeugt, die den Rauch
bereits direkt über der Bar-Theke absaugte. Aber sie war fassungslos,
als sie nach Einführung des Rauchverbots plötzlich wieder das Ende
ihres Restaurants sehen konnte. Sie meinte nur "DAS ist wirklich
gute Luft".
Ein älterer Herr an der Bar, offensichtlich Stammgast und guter
Bekannter der Chefin, outete sich als Raucher. Aber sogar er fand
positive Worte für das Rauchverbot: "Jetzt rauche ich nur noch die
Hälfte. Das ist nicht nur für meine Gesundheit besser, sondern spart
mir auch noch eine Menge Geld". Der Barkeeper, selbst auch positiv
vom Rauchverbot angetan, kommentierte dazu: "Manche Gäste haben
früher nur geraucht, wenn sie ausgegangen sind, aber nie zu Hause.
Die rauchen jetzt gar nicht mehr."
Als Abschluss dieser schon wieder recht ausführlich geratenen
Erzählungen (hoffentlich langweilen wir Sie nicht mit zu langatmigen
Texten - schreiben Sie uns Ihre Meinung!) noch ein kurzer Eindruck.
Eine nette kleine Bar in Cong, einem winzigen Dorf, das als Drehort des
John-Wayne-Films "The Quiet Man" (deutscher Titel: Der Sieger)
berühmt wurde. Der Seniorchef antwortete uns, nach dem Rauchverbot
befragt, nur trocken "das Gesetz ist das Gesetz", wobei sich aber
sein ohnehin freundliches Lächeln noch einmal deutlich verbreiterte.
Auch die Fragen nach Problemen, Auswirkungen usw. befragt, antwortete
er sichtlich zufrieden nur: "Keine Probleme, keine Beschwerden".
:-)