US-Regierung darf Gewinne der Tabakbranche abschöpfen
[24.06.2004/ls]
Die Bundesregierung könnte von der US-Regierung lernen, wie man die
Menschen verachtende Tabakindustrie angemessen zur Kasse bittet. Wo
sich die Deutschen mit läppischen 11 Millionen für eine trojanische
Werbekampagne zufrieden geben sahnen die Amerikaner dreistellige
Milliardenbeträge ab.
So wurde unlängst ein interessantes Urteil einer Richterin an einem
US-Bezirksgericht bekannt, das am 24. Mai 2004 erging. Demnach darf das
US-Justizministerium von Tabakkonzernen die Herausgabe von Gewinnen
verlangen. Die Grundlage dafür stellt der so genannte RICO-Act dar, ein
US-Gesetz zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität. In diesem
Zusammenhang wirft die US-Regierung der Tabakbranche vor, "in einer Art
Verschwörung Risiken des Rauchens jahrzehntelang vor der Öffentlichkeit
geheimgehalten" zu haben. Für den betreffenden Zeitraum fordert nun die
amerikanische Regierung von der Tabakbranche die Herausgabe von zirka
280 Mrd. US-Dollar (etwa 235 Mrd. Euro) an Gewinnen.
Die Regierung fordert weiterhin in Zukunft von der Tabakindustrie gewisse
Einschränkungen in Bezug auf Tabakwerbung sowie verpflichtende Angaben
auf Zigarettenpackungen. Die Klage der Regierung richtet sich gegen
alle großen amerikanischen Tabakfabrikanten. Philip Morris USA und die
Altria Group Inc. sind genauso betroffen wie die R.J. Reynolds Tobacco
Holdings Inc. und die amerikanischen Töchter der British American
Tobacco plc. (BAT). Daneben sind das Counsel for Tobacco Research USA
und das Tobacco Insitute angeklagt. Alle Angeklagten fühlen sich wie
immer unschuldig und sehen keinerlei Gesetzwidrigkeit in ihrem
Praktiken zum Vertrieb und zur Förderung ihrer Tod bringenden Produkte.
Vielleicht wäre auch in Deutschland eine Neubewertung der
Tabakindustrie im Gefüge der staatlichen Wirtschaftmacht hilfreich. Bei
stagnierenden Tabaksteuereinnahmen sind neue Ideen gefragt. Rauchen
stellt so etwas wie ein Glückspiel dar. Exakter formuliert handelt es
sich um eine Form des so genannten Russischen Roulette. Immerhin stirbt
etwa jeder zweite Raucher im Laufe seines Lebens an den Folgen der
Qualmerei. Warum sollte also die Bundesregierung hier nicht die
gleichen Maßstäbe wie bei Lotterie- und Glücksspielveranstaltern
anwenden? Diese müssen auch etwa die Hälfte ihrer Einnahmen an den
Staat abführen. Auf Grund der gesundheitsschädlichen und langfristig
tödlichen Wirkung der Tabakprodukte wäre hier zusätzlich noch eine Art
Risikoaufschlag angemessen. Dieser könnte direkt an das
Gesundheitswesen sowie in einen Soforthilfefonds für Hinterbliebene von
Opfern der Tabakindsutrie fließen.