Kritik an tabakdrogenlastiger Berichterstattung wächst
[09.06.2004/pk]
Die Berichterstattung der deutschen Presse, und im konkreten Fall der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), in Bezug auf die
Tabakdrogensucht ist recht unausgewogen. In wiederholten "Irrtümern"
und "Zufällen" kulminierte die Veröffentlichung der Umfrageergebnisse
zum Rauchverbot in der Gastronomie (siehe Pro-Rauchfrei-Artikel "Skandal
bei der FAZ-Protestaktion").
So schnell, wie sich die FAZ-Redaktion wohl wünschte, konnte sich die
Nichtrauchergemeinschaft aber nicht beruhigen, und so folgte von Pro Rauchfrei
"Weitere Post an die FAZ gekoppelt mit einem Erfahrungsbericht".
Nun liegt eine weitere Antwort der FAZ auf einen solchen Beschwerdebrief an die
FAZ vor. Diese ist im folgenden Abschnitt zu finden, ebenso wie eine Bewertung
der unzulänglichen Reaktion der Zeitung.
Da die Reaktion der FAZ leider nach wie vor auf massivem Unverständnis
und der Ablehnung jeglicher weiterer Verantwortung in Bezug auf ihre
Berichterstattung beruht, möchten wir unsere Leser und Mitglieder
ersuchen, so lange bei der FAZ nachzubohren, bis dieses Defizit
beseitigt ist.
Hier zunächst das Schreiben der FAZ:
"Ach, Herr X,
leider reihen Sich sich ein in die Gruppe derer, die uns im
Zusammenhang mit unserer Online-Umfrage unhaltbare Vorwürfe machen.
Warum bitte sollten wir Ergebnisse manipulieren, mit welchem Ziel?
Würde das nicht heißen, die Zahlen reichlich zu überhöhen? Es handelt
sich ja gerade nicht um repräsentative Ergebnisse, sondern ausdrücklich
um Momentaufnahmen aus der FAZ.NET-Community. Wie die ausfallen, das
veröffentlichen wir - nicht anderes.
Daß uns gerade in diesem Fall ein Fehler unterlaufen ist, haben wir
auch gegenüber anderen Foristen schon mit Bedauern eingeräumt. Welche
Wellen das schlägt, das ist allerdings bisher einmalig. Aber woher
rührt ausgerechnet beim Thema Rauchen Ihr Mißtrauen?
Bitte sehen Sie von Ihren Unterstellungen ab. Sie sind absurd.
Freundliche Grüße,
Ihre FAZ.NET-Redaktion"
Der Grund, warum irgend jemand in der FAZ-Redaktion Interesse daran
haben könnte, das Ergebnis zu manipulieren ist einfach: der Unbekannte
hat vermutlich eine positive Einstellung gegenüber dem Rauchen,
eventuell auch gegenüber der Tabakindustrie. Ob diese positive
Einstellung nun rein aus dem "Glücksgefühl des Nikotinkicks" herrührt,
oder eine finanzielle Zuwendung aus dem Milliardenbudget eines
Tabakkonzerns darstellt, sei dahingestellt. Erschreckt von dem
Gedanken, dass die eingeleiteten Maßnahmen der EU-Kommission und der
Bundesregierung nun langsam die Akzeptanz der Nikotinsucht verringern
könnte, packte er die Gelegenheit beim Schopf. Die unangenehmen
Ergebnisse wurden zuerst "vergessen", hinausgezögert und schließlich
verdreht. Angesichts der Tatsache, dass die FAZ eine der größten
deutschen Tageszeitungen darstellt, kann sich der Übeltäter eines
gewissen Erfolgs seiner Aktion sicher sein. Oder er könnte es, hätte
ihm nicht das wachsende Selbstbewusstsein der Nichtrauchergemeinschaft
einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Die Aussage der FAZ-Redaktion in ihrer obigen Antwort "Daß uns gerade in
diesem Fall ein Fehler unterlaufen ist, ..."
ist ebenfalls irreführend. Wie darüber berichtet, trat in
diesem Zusammenhang eine derartige Aneinanderreihung von "Zufällen"
auf, die allesamt zu Gunsten der Tabakbefürworter ausfielen, so dass
von Zufall und von einem Fehler nicht mehr die Rede sein kann.
Immerhin gibt uns die FAZ mit ihrer Aussage "Welche Wellen das schlägt,
das ist allerdings bisher einmalig"
wenigstens die Gewissheit, den Hebel an der richtigen Stelle angesetzt
zu haben. Die Wirkung unserer bisherigen Aktionen ist also nicht
verpufft, wenn auch das Ergebnis bisher noch nicht befriedigend
ausgefallen ist.
Besonders interessant ist jedoch die Frage "Aber woher rührt ausgerechnet
beim Thema Rauchen Ihr Mißtrauen?". Bei einer genaueren Betrachtung lässt
sich auch bei der FAZ das eingangs erwähnte Ungleichgewicht leicht
verdeutlichen.
Beispielsweise berichtete die FAZ am 21. Dezember 2003 in ihrem Artikel
"Raucher in New York: Wütend in der Kälte paffen"
ausführlich und sehr parteiisch über das Rauchverbot in der New Yorker
Gastronomie. Alleine der Titel spricht schon Bände. Hingegen wurde über
die bekannt gewordenen positiven Aspekte kein Wort berichtet. Keine
Silbe darüber, dass der Umsatz der New Yorker Gastronomie insgesamt um
9 Prozent stieg. Kein Wort davon, dass durch die Maßnahmen bereits etwa
100.000 New Yorker das Rauchen aufgehört haben. Und keine Erwähnung,
dass der durchschnittliche Tabakkonsum auch bei den verbliebenen
Rauchern sank. Zufall...?
Die FAZ berichtete am 9. April 2003 in ihrem Artikel "Anna aus Kentucky
als Rettung für New Yorker Raucher"
sogar darüber, wie die ach-so-gebeutelten Raucher bei den drastischen
Preissteigerungen in New York doch noch zu ihren billigeren Zigaretten
kommen könnten. Welche Alternativen die Nichtraucher bisher hatten, einen
Kneipenbummel ohne Rauchbelästigung zu genießen, wurde von der FAZ
noch nie erwähnt. Zufall...?
Am 27. März 2004 unkte die FAZ in ihrem Artikel "Irland: Wir müssen
draußen bleiben"
von einer furchtbaren Gefahr des Kneipensterbens, oder dass die
Regierung nur von der Krise im Gesundheitssystem des Landes ablenken
wolle. Dass bisher die Atwemwegserkrankten, Allergiker und
Frischluftliebhaber draußen bleiben mussten, und auch keine
Alternativangebote (mangels Existenz) in Anspruch nehmen konnten, ist
dem netten Journalisten der FAZ wohl entgangen. Zufall...?
Schon zwei Tage später, am 29. März 2004, schrieb die FAZ in ihrem
nächsten Artikel "Irland: Zum Qualmen in die innere Emigration":
"Iren lieben das lasterhafte Leben"
und bemühte die abenteuerlichsten Vermutungen von Folgeproblemen, um
gegen das neue Rauchverbot zu wettern. Aber die Tatsache, dass eine
große absolute Mehrheit der Iren hinter diesem Rauchverbot stehen, und
sogar 60 Prozent der Raucher dafür Verständnis haben, wurde vollkommen
unterschlagen. Zufall...?
Über die neuen Warnhinweise auf den Zigarettenschachteln berichtete die
FAZ am 7. Januar 2004 mit dem ins Lächerliche abgleitenden Titel
"Warnhinweise: Rauchen kann Ihre Zigarette verkürzen". Die einzige
Wirkung dieser Warnhinweise, die der FAZ überhaupt eine Erwähnung Wert
ist, beschränkt sich auf den "Gesellschaftssport - Warnhinweise verdecken".
Die Hintergründe und das Zusammenspiel mit dem gesamten Maßnahmenpaket
zur Eindämmung der Nikotinsucht, die in Europa jährlich zirka 1,2
Millionen Menschenleben fordert, waren dem Schreiber des Artikels
vermutlich gerade entfallen. Verantwortungsvoller Journalismus...?
Zufall...?
Alle die genannten Beispiele und Themen wurden mit eindeutig negativen
Titeln präsentiert. In allen genannten Artikeln werden wesentliche
Aspekte und Fakten der Hauptthemen unterschlagen, seltsamer Weise
gerade die positiven Seiten. Einige Themen wurden, obwohl sie als
dpa-Meldung bis in den letzten Winkel der Republik gingen, gleich ganz
übergangen. Ob die FAZ so zerknirscht war, dass sie nach ihrer
lautstarken Einstimmung in die Unkenrufe über den drohenden Untergang
der Gastronomie durch Rauchverbote keinen Mut mehr für die Darstellung
der positiven Folgen aufbrachte? Wohl kaum. Scham über die eigenen
Fehler und die Verbreitung falscher Tatsachen scheinen leider in der
Journalistenzunft ohnehin wenig verbreitet zu sein. Selbst so
renommierte Blätter wie die FAZ scheinen die Messlatte hier recht
niedrig anzusetzen.
Mit diesen Fakten müssen wir der FAZ weiter den Spiegel vorhalten. So
lange, bis wenigstens die Masse der FAZ-Redakteure verstanden hat, dass
ihnen daraus immer wieder die Fratze einer heuchlerischen und mordenden
Tabakindustrie entgegen grinst. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass
die Selbstverständlichkeit, aber auch die Unbewusstheit solcher
überkommenen Verhaltensweisen ans Tageslicht gebracht und schließlich
abgestellt werden.