Lungenfachärztin Dr. Dagmar Gillmann-Blum über Rauchen und Jugend
[21.05.2004/ls]
Im Mainzer Theresianum fand am 18. Mai eine öffentliche
Informationsveranstaltung zum Thema Rauchen und Jugend statt. Diese
Veranstaltung wurde von der Arbeitsgemeinschaft der Schulelternbeiräte
an den Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen in Mainz und Umgebung
initiiert. Grund für diese Aktion ist die Besorgnis erregende Zunahme
jugendlicher Raucher in den letzten Jahren.
Als Referentin konnte die renommierte Lungenfachärztin Dr. Dagmar
Gillmann-Blum gewonnen werden. Sie informierte über die Ursachen für
das zunehmende Rauchen bei Jugendlichen. Aber auch die Rolle von Eltern
und Schulen in diesem Zusammenhang wurde beleuchtet, um mögliche
Schritte zur rauchfreien Schule im Konsens mit Lehrern, Eltern und
Schülern aufzuzeigen. Entsprechend setzte sich die Zielgruppe dieser
Veranstaltung nicht nur aus den Jugendlichen zusammen; Eltern und
Lehrer waren hier gleichermaßen gefragt.
Dr. Gillmann-Blum bewertet die Lage als äußerst alarmierend. Die Zahl
der rauchenden Jugendlichen liegt inzwischen bei 28 Prozent. Wenn der
gelegentliche Konsum mitgezählt wird sind bereits 40 Prozent aller
Jugendlichen betroffen.
Die Referentin kritisierte in diesem Zusammenhang, dass der frühe Einstieg
in die Nikotinsucht durch die einfache und umfassende Verfügbarkeit von
Zigaretten an Automaten begünstigt wird: "Es ist absolut
widersinnig, ein Gesundheit gefährdendes Produkt, das nach dem
Jugendschutzgesetz nicht an unter 16-Jährige verkauft werden darf, über
Automaten vertreiben zu dürfen."
Bei den Zigarettenautomaten stellte die Ärztin weiterhin massive
Verletzungen der "freiwilligen Selbstbeschränkungsvereinbarung" (die
u.a. keine Zigarettenautomaten in der Nähe von Schulen zulässt) fest.
Eine Stichprobe in der Mainzer Innenstadt brachte bei 13 von 21 Schulen
Verstöße ans Licht.
Die Tabakindustrie sei, nach Aussage von Dr. Gillmann-Blum, maßgeblich
mit verantwortlich für diese alarmierende Verbreitung des Rauchens bei
Jugendlichen. Diese verführe junge Leute mit gezielten Werbestrategien
zum Rauchen: "Die
Hersteller werben massiv mit Motiven der Jugend und mit
Leistungssportlern. Damit verstoßen sie eindeutig gegen die von ihnen
unterschriebenen Selbstbeschränkungsvereinbarungen, die die gezielte
Ansprache von Minderjährigen in der Zigarettenwerbung eigentlich
verhindern sollten."
Ein schlechtes Zeugnis stellte die Referentin der Bundesregierung aus,
die stärkere Verbotsmaßnahmen gegen die Zigarettenindustrie verhindere:
"Der leichte Zugang zu Zigaretten in diesem Land ist absurd. Wir reißen
Häuser ein, weil sie Asbest verseucht sind, aber Zigaretten, die über
40 krebserregende Stoffe enthalten, sind überall frei verkäuflich."
Wobei sich hier wieder der Kreis zu den über 800.000 Tabakwarenautomaten
in Deutschland schließt, die Jugendlichen ungehinderten Zugang zu
Tabakdrogen ermöglichen.
Neben einer Korrektur dieser äußeren Rahmenbedingungen sieht Dr.
Gillmann-Blum als wichtigste Konsequenz eine Imageumkehr des Rauchens: "Wir
müssen dafür sorgen, dass die Jugendlichen Rauchen uncool finden. Das
können wir nur schaffen, wenn wir schon frühzeitig in Schulen und
Kindergärten vor den Gefahren der Zigaretten warnen." Dafür seien auch ganz
besonders Eltern und Lehrer in ihrer Vorbildfunktion gefordert.