Kommentar zu "sozialen" Aktivitäten der Tabakkonzerne
[17.09.2003/ls]
BAT (British American Tobacco) versucht mit seinem Freizeitforschungsinstitut
das angeknackste Image der Tabakindustrie wieder etwas aufzupeppen, bzw.
durch "soziale" Aktivitäten und "Forschungsförderung" die negativen Folgen
des Tabakkonsums "abzufedern". Weniger zurückhaltend könnte man diese Bestrebungen
auch als Verharmlosung ansehen.
Die perfideste Aktion in dieser Richtung wurde jedoch von Philip Morris
gestartet. Die Tabaktocher des Altria-Konzerns (der Konzernname wurde
schon von Philip Morris in Altria geändert, um nicht mehr direkt mit dem
negativen Image der Tabakmafia in Verbindung gebracht zu werden) gibt sich
betont "sozial", in dem sie u.a. zwei soziale Projekte in München unterstützt.
Das ist zum einen die Ausstellung "Architektur der Obdachlosigkeit" in der
Pinakothek der Moderne (1.9.-21.9.2003). Außerdem die Münchner Straßenzeitung
"BISS - Bürger in sozialen Schwierigkeiten", als deren "Freund und Förderer"
sich die deutsche Philip Morris GmbH sieht. Zitat Philip Morris:
Durch monatliche Anzeigenschaltungen unterstützen wir das mutige Projekt
(Quelle: http://www.pmintl.de/pages/stories/Feature_9_DE.asp).
Warum ist nun diese Art der "Förderung" zu kritisieren? Das sieht doch auf den
ersten Blick wirklich nach ernsthaftem sozialen Engagement aus, oder nicht?
Wenn man sich die Hintergründe etwas genauer betrachtet, dann erschließen
sich jedoch erschreckende Zusammenhänge:
Viele Menschen geraten erst durch die Abhängigkeit von Nikotin und Alkohol
in einer bereits schwierigen persönlichen Misere (häufig
Arbeitslosigkeit) in eine Abwärtsspirale. Wachsende Probleme werden
verstärkt durch die Flucht in die Sucht beantwortet. Die Sucht zerstört
dann nicht nur die sozialen Beziehungen. Die Sucht führt auch zum
finanziellen Scheitern, was sich in einer nicht mehr überwindbaren
Überschuldung äußert. Das Ende dieser Abwärtsspirale ist dann häufig
die Obdachlosigkeit. Angesichts der Tatsache, dass die Tabakindustrie
aktiv das Suchtpotential seiner Produkte erhöht (siehe wissenschaft.de),
lässt sich also mit Recht fest stellen, dass die Tabakindustrie aktiv
mitverantwortlich für viele Fälle von Obdachlosigkeit ist.
Entsprechend wirkt die Äußerung im Werbetext Die Wege in diese existenzielle
Not sind vielfältig... wie ein Hohn, verschweigt Philip Morris dabei doch
die Tatsache, dass sie selbst zu dieser Not beiträgt.
Die "Unterstützung" durch Philip Morris generiert auch eine Abhängigkeit.
Sie verhindert beispielsweise eine vollständige Aufklärung über die
wahren Ursachen der Obdachlosigkeit. Hier ist u.a. die zerstörerische
Wirkung der Sucht (s.o.) im Allgemeinen zu nennen, und im Besonderen
die Nikotinsucht - der Konsum von Tabakprodukten ist mittlerweile die
Haupttodesursache, noch vor Alkohol, Verkehrsunfällen, Mord und AIDS
zusammengenommen. Und vor dem Tod steht meist eine lange
Krankheitsgeschichte, sowie häufig suchttypische soziale und
finanzielle "Nebenwirkungen".
Auch wenn die Werbung nicht explizit mit und für Tabakprodukte wirbt, so steht der Name Philip Morris jedoch eindeutig und untrennbar für Tabakprodukte.
Entsprechend sind die Werbeausgaben keine echte Spende, sondern eindeutig Marketingaufwendungen, die in erster Linie Philip Morris selbst zu Gute kommen sollen.
Die Höhe der Aufwendungen für soziale Projekte ist ein Hohn, wenn man die astronomischen Gewinne
der Tabakindustrie betrachtet. Gewinne, die aus dem Verkauf von
Produkten erzielt werden, die jährlich alleine in Deutschland 140.000
Todesopfer fordern. Gewinne, die weiterhin in keiner Relation zu den
volkswirtschaftlichen Schäden stehen, die durch diese Produkte verursacht werden.