Verkauf von Zigaretten mit Aromakapsel in Deutschland illegal
Bahnbrechendes Gerichtsurteil auf Grundlage der WHO-Tabakrahmenkonvention
[06.10.2012/pk]
Nach einem aktuellen Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig dürfen in Deutschland keine Zigaretten mit Mentholkapseln verkauft werden. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hatte deren Vertrieb verboten, da dem Verkauf "zwingende Gründe des Gesundheitsschutzes entgegenstünden". Gegen diese Verordnung hatte ein Tabakunternehmen geklagt, das derartige Produkte auch in der Bundesrepublik vertreiben wollte. In Frankreich und einigen EU-Staaten sind derartige aufgerüstete Zigaretten bereits auf dem Markt.
Die umstrittene Aromakapsel ist bei dieser auch als "Click & Roll" bekannten Technik in den Filter integriert. Während des Konsums der Zigarette kann der Raucher den Inhalt der Kapsel durch Zerdrücken freisetzen. Das ausströmende Menthol wird dann mit dem Tabakrauch inhaliert. Als Zielgruppe der Aromakapsel-Zigaretten werden nach Äußerungen aus dem Herstellerunternehmen vor allem junge Raucher angesprochen.
Das Verwaltungsgericht stellt fest, durch die Aromakapseln werde der Zigarettenkonsum attraktiver gemacht. Damit verstoßen solche neuartigen Tabakprodukte gegen das von der Bundesrepublik Deutschland ratifzierte Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Eindämmung des Tabakgebrauchs. Zudem sind die Zigaretten mit Mentholkapseln nach vorliegenden Erkenntnissen gefährlicher als herkömmliche Zigaretten. Das Gericht stellt dabei ausdrücklich klar, dass hierfür keine expliziten Studien über eine mögliche Erhöhung der Gesundheitsschädlichkeit durch das Menthol der Kapsel erforderlich sind. Entsprechend verweist das Bundesamt, so die Urteilsbegründung, zu Recht auf zwingende Gründe des Gesundheitsschutzes als Grundlage für ein Verbot.
Das Gericht führt weiter aus, die Aromakapsel-Technik erlaubt dem Konsumenten, das Rauchen einer "ganz normalen" Zigarette durch Zerbrechen der Kapsel mit einem atemerfrischenden Mentholgeschmack zu beenden. Diese für Raucher attraktive Wirkung erhöht die Gefahr, Abhängigkeiten zu zementieren. Insbesondere bei Gelegenheitsrauchern und Einsteigern, die durch den beißenden und unangenehmen Tabakrauch von einem regelmäßigen Konsum abgehalten werden, kann der Einsatz der Mentholkapseln eine Nikotinabhängigkeit herbeiführen. Letzteres trifft in besonderem Maß auf die bereits erwähnte Hauptzielgruppe junger angehender Raucher zu.
Gesundheitsorganisationen in Deutschland begrüßen dieses "bahnbrechende Gerichtsurteil". Der Ärztliche Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit (ÄARG) zeigt sich erfreut, dass erstmals die Grundsätze des WHO-Rahmenabkommens zur Tabakprävention (FCTC) in Deutschland als Grundlage für eine richterliche Entscheidung herangezogen werden. Und zum ersten Mal wird die Manipulation im Design von Zigaretten unterbunden, die deren Attraktivität für die Konsumenten steigert.