Junk Art von Philip Morris in der Pinakothek der Moderne
Auswüchse eines angeblich uneigennützigen Sponsorings der Kunst
[10.09.2011/pk]
Wer die Tabakindustrie kennt, der weiß, dass ihre vordergründig wohltätigen Millionenspenden keineswegs uneigennützige milde Gaben darstellen. Es stecken knallharte geschäftliche Interessen dahinter, so knallhart wie es das Geschäft mit tödlichen Nikotindrogen erfordert. Unter diesem Gesichtspunkt muss auch das finanzielle Engagement der in München ansässigen deutschen Tochter des Philip-Morris-Konzerns für die Münchner Pinakothek der Moderne betrachtet werden.
Mit seiner werbewirksam ausgeschlachteten Unterstützung erkauft sich Philip Morris nicht nur einen Platz in der Liste der vermeintlichen Wohltäter, sondern auch in den Depots der Neuen Sammlung in der Münchener Pinakothek der Moderne, die eigentlich für Kunstobjekte vorgesehen sind. Der Tabakdrogenhersteller missbraucht den Kunsttempel zur Aufbewahrung der "wahrscheinlich größten Zigarettenschachtelsammlung der Welt".
Großspurig werden diese Drogenverpackungen im Deutschlandradio als "Statussymbol für Kreative" angepriesen. Dabei kann man sich doch kaum eine weniger kreative Zeit- und Geldverschwendung vorstellen, als den Drogenkonsum. Diese Müllsammlung, in Künstlerkreisen hochtrabend auch als "Junk Art" bezeichnet, soll eine angebliche "kulturgeschichtliche Bedeutung des Rauchens" herbeireden.
Es mag vielleicht zutreffen, dass die Zigarettenpackungen einst "hochwertige Produkte des Grafikdesigns" darstellten. Letztendlich führten sie damit jedoch nur den Verbraucher in die Irre, der durch bunte Bildchen von der tödlichen Gefahr der enthaltenen Nikotindrogen abgelenkt werden sollte.
Selbst die renommierte Süddeutsche Zeitung schließt sich den Lobhudeleien über die Zigarettenschachteln mit einer Bilderstrecke an: "Nach der letzten Zigarette achtlos weggeworfen, im besten Fall irgendwo in einem Abfalleimer deponiert, aber allzu oft auch nur zu Boden geworfen, von Fußtritten zerquetscht, im Rinnstein der Entsorgung durch den nächsten Regenguss harrend - das traurige Ende einer Verheißung". Das traurige Ende ereilt den ahnungslosen Konsumenten erst später, wenn sich mit Krebs, Raucherbein und Herzinfarkt die vermeintliche Verheißung als Lug und Trug herausstellt.
Tausende dieser Zigarettenschachteln lagern nun als vorgebliche Schätze in den Kammern der Neuen Sammlung in der Münchener Pinakothek der Moderne, "damit die Zeugnisse einer Zeit, als noch geraucht wurde, nicht einfach so verpuffen". Immerhin verrät die Süddeutsche Zeitung, dass es wieder einmal ein nikotinvernebelter Geist ist, der einen solchen Unfug überhaupt erst ermöglicht hat: "Florian Hufnagl, Direktor der Neuen Sammlung und übrigens passionierter Raucher".
Hufnagl, der an die "kreativitätsfördernde Wirkung von Verboten" glaubt, ist auch davon überzeugt, dass sich die Tabakindustrie "schon etwas einfallen lassen werde". Möglicherweise hegt Philip Morris mit dieser scheinbar harmlosen "Junk Art" bereits seit langem den geheimen Plan, diese Sammlung als eine Waffe für den Kampf gegen das so genannte "Plain Packaging" einzusetzen. Die Einheitsverpackung für Tabakwaren ist seit vielen Jahren im Gespräch, deren gesetzliche Einführung wird weltweit immer konkreter.
Die Tabakindustrie wird von den immer neuen Offenbarungen über ihre Geschäftspraxis zunehmend in die Enge getrieben. Sie ist deshalb auf vielschichtige Marketingstrategien zum Vertrieb ihrer tödlichen Produkte gegen den wachsenden Widerstand von Medizinern, Jugendschützern und einer zunehmend gesundheitsbewussten Bevölkerung angewiesen.
Erst im vergangenen Jahr platzte wieder eine Seifenblase des Tabakdrogenmarketings gegen die Einheitsverpackung. Gebetsmühlenartig hatte die Tabakindustrie immer wieder betont, dass dadurch angeblich der Schmuggel noch weiter angeheizt werde. Durch eine unabhängige Studie zur "wirksamen Bekämpfung des illegalen Zigarettenhandels" wurde diese Hypothese als Wunschdenken der Nikotindrogenindustrie entlarvt. Wenn die Bundesregierung nur handeln wollte, und bei der Schmuggelbekämpfung konsequent dem Beispiel Großbritanniens folgen würde, dann könnte sie das Problem illegal eingeführter Zigaretten deutlich verringern.