Mangelnder Nichtraucherschutz in der Gastronomie mit tödlichen Folgen
[06.06.2009/pk]
Nach einer internationalen Studie sind Kellner die Berufsgruppe mit der höchsten Krebsgefahr. Ihr Risiko, an Lungen- oder Leberkrebs zu erkranken, ist sogar noch höher als bei Bergleuten oder Mitarbeitern der Tabakindustrie. Bei den Beschäftigten in der Gastronomie befällt der Krebs besonders häufig Lippen, Zunge, Mundhöhle, Rachen, Speiseröhre, Darm, Leber, Gallenblase, Pankreas, Nase, Kehlkopf, Lunge, Nieren, Blase und Gebärmutterhals.
Die vor wenigen Tagen veröffentlichte Studie des Nordischen Projekts zur Erforschung von berufsbedingtem Krebs (NOCCA) wertete die Gesundheits- und Berufsdaten von 15 Millionen Menschen aus. Die betreffenden Personen befanden sich alle im berufstätigen Alter zwischen 30 und 64 Jahren, und stammen aus Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden. Darunter befinden sich 2,8 Millionen Krebspatienten, die Daten stammen aus dem Zeitraum von 1960 bis 1990. In den genannten Ländern waren Gesetze zum Schutz vor Tabakrauch am Arbeitsplatz im Erhebungszeitraum noch nicht in Kraft.
Die große Zahl der bei der Studie erfassten Krebspatienten erlaubt nicht nur eine Aussage über berufsbedingte Häufigkeiten der diversen Krebsarten, sondern auch Aussagen über seltene Krebsformen. Als besonders hilfreich für eine umfassende Analyse im Hinblick auf das berufliche Umfeld erweisen sich die exzellenten Daten über Berufstätigkeit, Lebensbedinungen, sozioökonomischen Status, Ernährungsgewohnheiten und medizinische Versorgung der nordischen Staaten. In all diesen Ländern sind der Lebensstandard hoch und die gesellschaftlichen Bedingungen sehr ähnlich.
Damit können die Untersuchungen weit über die bereits allgemein bekannten ursächlichen Zusammenhänge der Krebsursachen mit Tabak- und Alkoholkonsum hinausgehen, denen die meisten Krebsfälle zuzuschreiben sind. Insbesondere erlauben die vorhandenen Daten eine eingehende Untersuchung der Auswirkung des Arbeitsumfeldes auf die Entstehung der Krebsfälle.
Den wichtigsten Einfluss auf das Krebsrisiko üben der Studie zu Folge der Beruf sowie die persönliche Lebensweise eines Menschen aus. An erster Stelle der Risikofaktoren stehen aktives und passives Rauchen. Der Konsum von Alkohol und der Umgang mit Asbest stehen in der Gefährlichkeitsskala ebenfalls sehr weit oben.
Eine Reihe von Faktoren erweist sich als Krebs fördernd. Stress, Nacht- und Schichtarbeit, einseitige körperliche Belastungen oder auch das Fehlen von körperlicher Betätigung sind Auslöser von Krebserkrankungen. Als weitaus größte Gruppe von Krebsauslösern kristallisieren sich jedoch diverse Substanzen heraus, denen Beschäftigte einzelner Berufsgruppen besonders ausgesetzt sind. Chemikalien, Asbest oder Haarspray sind einige Beispiele für derartige Verursacher von Krebs.
Während manche Krebserkrankungen, wie beispielsweise Prostatakrebs, recht gleichmäßig über alle Berufsgruppen verteilt sind (also keine Korrelation mit dem ausgeübten Beruf aufweisen), so gibt es bei anderen starke Häufungen bei einzelnen Berufsgruppen. Insbesondere Kellner bilden in etlichen Kategorien die traurigen Spitzenreiter. Bei Krebserkrankungen von Lungen, Leber, Kehlkopf, Mundhöhle, Zunge, Blase und Darm weist keine andere Berufsgruppe derart hohe Opferraten auf wie diese Gastronomiebediensteten.
Die bei Kellnern auftretenden Krebsfälle sind die gleichen, wie sie von der Vielzahl kanzerogener Substanzen im Tabakrauch hervorgerufen werden. Betroffen sind jedoch nicht nur Aktivraucher, die nur einen Teil der Gastronomiemitarbeiter ausmachen, sondern auch eine Vielzahl von Passivrauchern.
Anmerkungen: Angesichts ständig neuer erdrückender Fakten über die Gefahren des Passivrauchens sollte man eigentlich erwarten können, dass verantwortliche Politiker den Nichtraucherschutz verbessern. In Bayern knickte die zunehmend schwächelnde CSU unter dem Druck der FDP, die deshalb von Kritikern als "Freie Drogen Partei" oder auch als "Fixer und Dealer Partei" tituliert wird, ein und weichte das noch relativ junge Nichtraucherschutzgesetzes wieder auf.
Gemeinsam höhlen CSU und FDP den Schutz der Bediensteten im Gastgewerbe massiv aus, so dass fast alle Angestellten in der Gastronomie wieder dem Giftgemisch ausgesetzt sind und passiv mitrauchen müssen. Sowohl die Bedienungen in Einraumgaststätten, als auch in großen Wirtschaften mit Nebenzimmern und alle Bedienungen in Festhallen, Bierzelten u.ä. haben in Zukunft keine Chance, dem Gift zu entrinnen.
Verantwortung scheint also für die Mehrheit der Mitglieder der Bayerischen Staatsregierung offensichtlich ein Fremdwort zu sein. Die neoliberal geprägte Regierungsmannschaft schätzt augenscheinlich den Profit des Philip-Morris-Konzerns, der sich im Freistaat mit seiner Deutschlandzentrale eingenistet hat, oder einiger weniger Tabakdrogenbauern höher ein als das Wohl und die Gesundheit seiner Bürger.