Tabak-Tote reißen Lücken in Familie, Beruf und Gesellschaft
Zigarettenindustrie schafft Freiräume
[21.03.2009/pk]
Nicht einmal ein Jahr war die Webseite des noch jungen Deutschen Zigarettenverbandes (DZV) online, bevor sie wieder von den Bildschirmen verschwand. Wer sich jedoch gefreut hatte, dass der DZV nun tatsächlich Verantwortung übernehmen und seine Desinformation endlich einstellen würde, der hatte sich leider getäuscht.
Nach wochenlanger Abwesenheit im Cyberspace zündete der DZV im Internet seine neue Marketing-Rakete. Von Tabakdrogen ist praktisch kaum noch die Rede, dafür nehmen Begriffe wie Jugendschutz, Nichtraucherschutz, Arbeitsschutz und Verantwortung den größten Raum ein. Man könnte fast glauben, die Tabakindustrie hätte sich vom Saulus zum Paulus gewandelt, wäre da nicht diese unschöne Tatsache, dass sie weiterhin ihre tödlichen Tabakdrogen verkauft.
Bei den Tabaklobbyisten zeigt sich mit zunehmender Tendenz ein Verhaltensmuster, das auch manche Politiker immer eifriger praktizieren. Dabei driften Selbstdarstellung und tatsächliches Handeln immer weiter auseinander. Unter den Politikern schränkt eine Riege unter Führung von Bundesinnenminister Schäuble die Grundrechte immer weiter ein, verkauft dies jedoch medienwirksam als "Schutz der Freiheit". In die gleiche Richtung laufen die Bestrebungen der Tabaklobby, die verstärkt versucht, ihre tödlichen Drogengeschäfte hinter der Fassade von sozialem Engagement zu verstecken.
Der Deutsche Zigarettenverband versucht also anscheinend, langsam die Nichtraucher-Organisationen zu verdrängen, indem er sich selbst immer mehr als angeblicher Nichtraucher- und Jugendschützer in Szene setzt. Diesen Eindruck bekommt zumindest der Besucher des Internet-Auftritts des Deutschen Zigarettenverbands. Dabei ist das ganze Gerede von Verantwortung, Arbeit-, Jugend- und Nichtraucherschutz nur eine schöne Fassade der Tabakindustrie, während sie im Hintergrund weiter fleißig eine giftige und Krebs erregende High-Tech-Nikotindroge unters Volk bringt.
Wenn man aber Tabakdrogen-Geschäftemachern so gesellschaftlich wichtige Themen wie Jugendschutz oder Nichtraucherschutz überlässt, so hat man den Bock zum Gärtner gemacht. Dabei sind mit der Vereinnahmung dieser Begriffe die Tatsachenverdrehungen des Tabakmarketings noch längst nicht erschöpft. So begegnet dem virtuellen DZV-Besucher ein weiteres bekanntes Schlagwort, das die Tabaklobby für ihre Zwecke missbraucht: Freiräume.
Schon seit Jahrzehnten versucht die Tabakwerbung, ihren Tabakdrogengestank als "Duft der Freiheit" zu verkaufen. Inzwischen wird jedoch selbst immer mehr langjährigen Rauchern klar, dass sie keineswegs mehr Freiheit gewonnen haben, indem sie sich als arglose Teenager von den irreführenden Versprechungen der Tabakindustrie zum Glimmstängel verführen ließen. Der bekannte Liedermacher Reinhard Mey, einer der wenigen, die sich erfolgreich aus dem langjährigen Klammergriff der Nikotinsucht befreien konnten, hat die Wirkung auf den Punkt gebracht: "Rauchen macht unfrei".
Jeder kennt die Äußerungen von Rauchern, die beispielsweise nach einer einstündigen Zugfahrt oder einem Kinobesuch ohne Kippe nur noch den einen Gedanken artikulieren können: "Ich MUSS jetzt eine rauchen". Mit zittrigen Fingern holen diese Nikotinsklaven einen Glimmstängel heraus, um erst nach einigen Zügen überhaupt wieder an irgendetwas anderes denken zu können. Sieht so wirklich die Freiheit aus?
In der Öffentlichkeit setzt sich langsam die Einsicht durch, dass die Tabakdroge statt Freiheit nur Sucht, Krankheit und Tod bringt. Entsprechend fordert die nicht rauchende Bevölkerungsmehrheit mit Recht, vor den Auswirkungen dieser tödlichen Sucht geschützt zu werden. Diese schwindende Populärität des Rauchens und dessen Rückzug aus der Öffentlichkeit versuchen nun Tabakdrogenproduzenten und Raucherlobby mit einer aggressiven Freiraumdebatte zu bekämpfen.
Dabei geht es nicht wirklich um die Freiräume der Raucher. Ihnen soll nur ein Gefühl der Freiheit vorgegaukelt werden. Denn die wahre Freiheit, die nur ein Lebens ohne Drogen wirklich bieten kann, haben sie an die Tabakdrogenindustrie verkauft. Deren Freiräume liefern nur Vorschub für den Egoismus der süchtigen Raucher, damit diese den unsichtbaren Käfig nicht wahrnehmen, in den eine skrupellose Industrie ihre willigen Melkkühe gesteckt hat.
Mit der Freiraum-Debatte beerbt der Deutsche Zigarettenverband (DZV) seinen Vorgänger, den inzwischen aufgelösten Verband der Cigarettenindustrie (VdC). Der VdC hatte dieses Thema bereits auf seine Agenda gesetzt, und dafür unter anderem auch die Bischöfe Wolfgang Huber und Karl Jüsten benutzt. Die Gespräche mit der Kirche über "Werte" sollen von Mord und Drogengeschäften ablenken. Die Geheimniskrämerei der beiden großen christlichen Kirchen verstärkt noch den Eindruck zwielichter Ablassgeschäfte, mit denen die Tabakindustrie ihre Freiräume ausweiten möchte.
Diese Freiräume, die von der Tabakindustrie in ihren Werbekampagnen so schön verpackt werden, haben in Wahrheit eine recht hässliche Fratze. Recht schnell wird aus der vermeintlichen Freiheit des ungehinderten Tabakdrogenkonsums eine Lücke. Zu Beginn vielleicht nur die ein oder andere Zahnlücke, denn das Rauchen ist eine der wichtigsten Ursachen für Parodontose.
Die Ausweitung der "Freiräume des Tabaks" manifestiert sich immer mehr durch zunehmende krankheitsbedingte Fehlzeiten am Arbeitsplatz. Zuerst sind es scheinbar harmlose Krankheiten wie Bronchitis und Asthma. Später fordern Herzinfarkt, Raucherbein oder eine der zahllosen vom Rauchen begünstigten Krebsarten ihre Opfer. Am Ende bleibt, bei mehr als der Hälfte der Raucher, nur noch die Lücke, die ihr Dahinscheiden in Familie, Beruf und Gesellschaft hinterlässt.
Fazit: Die Freiräume, die von der Tabadrogenindustrie propagiert werden, sind letztlich nichts anderes als eine teure Reservierung für einen vorzeitig verfügbaren Platz auf dem Friedhof. Auch wenn die Tabakindustrie nicht daran interessiert sein kann, ihre Kundschaft allzu früh an den Totengräber zu verlieren. Denn schließlich sollen die Raucher solange wie möglich "gemolken" werden. Und die durch vorzeitig verscheidende Raucher entstehenden Freiräume müssen mittels teurer Werbekampagnen und gegen den wachsenden Widerstand von Jugendschützern wieder aufgefüllt werden.
Quellen und weitere Informationen
http://www.zigarettenverband.de/ - Deutscher Zigarettenverband