[06.09.2008/pk]
Angeblich soll es Tierschützer geben, die rauchen. Diese Aussage scheint auf den ersten Blick nicht erwähnenswert zu sein, schließlich gibt es überall Dumme die auf die Versprechungen der Tabakwerbung hereinfallen.
Jedem Tierfreund sollte jedoch bewusst sein, dass die Tabakindustrie jedes Jahr Tausende von unschuldigen Tieren aus zweifelhaften Motiven grausam ermordet. Und jedem Raucher sollte bewusst sein, dass diese Tiere für seinen persönlichen Genuss - als solchen stellen Raucher ihre Sucht gerne dar - ihr Leben auf qualvolle Art lassen müssen.
Wie unlängst vom Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtet, sterben alleine im Philip-Morris-Labor in der belgischen Stadt Leuven jedes Jahr bis zu 6.000 Tiere in den Labors, für angeblich wissenschaftliche Versuche. Doch selbst diese horrende Zahl ist dem international agierenden Tabakkonzern noch nicht genug. Die Zahl der Tierversuche soll noch gesteigert werden.
Der Spiegel berichtete, dass der Tabakkonzern bei der Stadt Leuven eine Aufstockung seiner Tierversuche und einen Ausbau seiner Testanlagen beantragt hatte. Die Stadt lehnte diesen Antrag jedoch aus ethischen Gründen ab.
Nach Aussage der zuständigen Behörden will der Zigarettenhersteller "die gesundheitsschädlichen Effekte des Rauchs neuer Zigarettentypen testen. Dies stehe jedoch im Widerspruch zu einer Forschung, die dem Wohlergehen des Menschen gelten solle."
Für den Konzern sind die angeführten ethischen Gründe offensichtlich nicht nachvollziehbar. Man fühlt sich gar ungerecht behandelt - was von Seiten eines Produzenten tödlicher Drogen doch etwas merkwürdig klingt - und will die Genehmigung zusätzlicher Tierversuche notfalls gerichtlich erzwingen.
Auf der Internetseite von Philip Morris findet sich als Rechtfertigung die doch recht absurd anmutende Behauptung, dass die Tierversuche auch dazu dienten, "Tierversuche in der Zukunft zu vermeiden". Wie der Zigarettenhersteller durch mehr Tierversuche die Zahl der Tierversuche senken will bleibt bislang ein ungeklärtes Rätsel, ebenso wieviele Jahre (oder vielleicht Jahrzehnte?) bis dahin vergehen werden.
Ein Unternehmenssprecher führte weiter aus, "Die Tierversuche dienten dazu, die Produkte des Unternehmens weniger schädlich zu machen. Für diese Tests gebe es keine wissenschaftliche Alternative." Dabei ist doch inwischen selbst dem Laien klar, dass es auch wesentlich einfacher ginge.
Noch vor etwa 40 Jahren beinhaltete eine Zigarette im Wesentlichen einfach nur Tabak. Inzwischen ist es jedoch zur gängigen Praxis geworden, dem Tabak einen regelrechten Chemie-Cocktail beizufügen. Zusatzstoffe wie Zucker, Glykol, Kakao und hunderte weitere werden jedoch durch den Verglimmungsprozess beim Rauchen chemisch verändert, was zur Erzeugung einer Vielzahl von giftigen und sogar Krebs erregenden Substanzen führt.
Alleine durch den Verzicht auf all diese Zusatzstoffe könnte die Schädlichkeit des Rauchens verringert werden. Für diese Erkenntnis - die von der Tabakindustrie jedoch geflissentlich ignoriert wird - müsste nicht ein einziges Tier sein Leben opfern.
Nur als weiterer Denkanstoß sei darauf hingewiesen, dass Millionen Menschen ohnehin rauchen. Es ist völlig unverständlich, warum nicht sie auf Tabakschäden untersucht werden, sondern Tausende von unschuldigen Tieren dafür grausam geopfert werden müssen.
Einem besseren Verständnis der Problematik können einige Beispiele für entsprechende Tierversuche dienen (Quelle: indymedia.org): Beispielsweise wird Hunden durch ein Loch in der Kehle über Monate hinweg konzentrierter Zigarettenrauch in die Lunge transportiert, um Langzeitfolgen des Rauchens zu untersuchen. Um auch die Auswirkungen auf die Sexualität zu analysieren, werden zusätzlich Elektroden in die Penisse der Hunde eingeführt. Föten schwangerer Affen werden mit Nikotin vergiftet, um sie dann kurz nach der Geburt zu töten und ihre Lungen zu untersuchen. Bei anderen Versuchen mit Affen werden sie auf Stühlen fixiert und die Wirkung von Nikotin auf ihre Atmung untersucht. Aber auch andere Tiere wie Ratten und Mäuse müssen den Rauch inhalieren. Dafür bekommen sie Masken aufgesetzt, die sie zwingen, permanent zu "rauchen".
Ohnehin ist die Aussagekraft derartiger Studien mehr als zweifelhaft, wie sogar die Tabakindustrie selbst demonstriert hat. Jahrzehntelang bestritt sie den - inzwischen auch beim Menschen wissenschaftlich belegten und anerkannten - kausalen Zusammenhang von Rauchen und Lungenkrebs. Als Begründung musste herhalten, dass man bei Mäusen diesen Zusammenhang nicht feststellen konnte.
In einem Bericht über eine VdC-Studie (siehe Seite 6), der an Philip Morris adressiert war, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass "kein hinreichendes Wissen für quantitative Schlussfolgerungen vom Tier auf den Menschen" existiert. Darüber hinaus war bereits im Jahr 1969 vom Hamburger Forschungsinstitut der Zigarettenindustrie mittels Tierversuch bei Hamstern der Nachweis erbracht, dass Rauchen Lungenkrebs verursacht. Dennoch hielt die Tabakindustrie auch Jahrzehnte später noch an ihrer Darstellung fest, es gäbe keinerlei Beleg für den Zusammenhang von Lungenkrebs und Rauchen.
Dieses Beispiel verdeutlicht ganz klar die Desinformationsstrategie der Tabakindustrie. Man sucht sich irgendein Beispiel, das die Unschädlichkeit von Tabakrauch belegen soll. Dieses eine Beispiel wird dann von der Marketingmaschine der Tabakmultis, Lobbyisten im Bundestag, gekauften Wissenschaftlern und Journalisten gnadenlos vermarktet.
Dabei ist es ganz egal, ob die Übertragbarkeit auf den Menschen nicht im Geringsten nachweisbar ist. Es ist auch egal, ob tausend Studien das Gegenteil beweisen. Diese Rosinenpickerei dient ohnehin nicht der wissenschaftlichen Diskussion des Problems, wo sie sich sofort selbst disqualifizieren würde. Die von der Tabakindustrie durchgeführten "Studien" (sofern man sie überhaupt als solche bezeichnen darf), werden nicht einmal im Detail veröffentlicht, wie es eine wissenschaftliche Diskussion erfordern würde. Aber das ist ja auch gar nicht die Absicht der Tabakindustrie, denn sie schlachtet letztlich nur die (genehmen) Ergebnisse medienwirksam aus.