Alter brauner Tabakdreck in neuer grüner Verpackung
Deutscher Zigarettenverband (DZV) führt Volksverdummungstradition des VdC fort
[19.05.2008/pk]
In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung wird die frischgebackene Geschäftsführerin Marianne Tritz nicht müde, sich mit der Tätigkeit des neuen Deutschen Zigarettenverbandes (DZV) vom alten Verband der Cigarettenindustrie (VdC) zu distanzieren. Zu gut ist inzwischen den meisten Bürgern noch im Gedächtnis eingeprägt, mit welch schmutzigen Tricks der VdC Politiker, Journalisten, Mediziner und Wissenschaftler manipuliert hat. Ein Beispiel dafür ist das VdC-Papier, das in der Diskussion um ein Rauchverbot in der Gastronomie den Abgeordneten ganz unvermittelt als Gesetzesentwurf untergejubelt worden war.
Angesichts derartiger Altlasten des Vorgängerverbandes VdC verwundert es nicht, dass sich Frau Tritz nun im Interview mit der Süddeutschen sehr plakativ darum bemüht, in einem besseren Licht zu erscheinen: "Der alte und der neue Verband haben nichts miteinander zu tun. Der alte Verband hatte sich aus nachzulesenden Gründen aufgelöst." Marianne Tritz, die ihr öffentliches Bild natürlich nicht gerne als Vertreterin einer Mörder-Industrie sehen möchte, legt nach: "Der Verband hat sich Leitmotive gesetzt und unterscheidet sich in seinem Auftreten und in der Politik von dem alten Verband."
Betrachtet man jedoch die Äußerungen, die der neue Deutsche Zigarettenverband (DZV) der Öffentlichkeit in den ersten Wochen seiner Geschäftstätigkeit präsentierte, so reibt sich so mancher ungläubig die Augen. Sicherlich hat sich die Fassade geändert, aber neue Ideen werden keineswegs praktiziert. Sucht man in den Äußerungen des DZV nach wirksamen Maßnahmen zum Schutz der Raucher vor den Gefahren des Tabakrauchs, so wird man bitter enttäuscht. Dafür werden die alten Platitüden des VdC wieder aufgewärmt, wobei man sich nicht einmal die Mühe macht, die alten Kamellen mit einer neuen Wortwahl zu kaschieren.
Die berechtigte Forderung nach Schutz vor gesundheitsschädlichem Passivrauch wird ideologisch umgedeutet in eine "Stigmatisierung und Diskriminierung von Rauchern". Diese egoistische Tatsachenverdrehung seitens der Tabaklobby ist jedoch schon aus den alten VdC-Tagen bekannt. Der Tabaklobbyverband hatte dafür den Freiburger Mediziner Jürgen Freiherr von Troschke über zehn Jahre bezahlt. Laut Spiegel war Troschke bereits in den 80er Jahren in Debatten über die Gefahren des Passivrauchens ein "aktiver Verharmloser". Troschke zeterte lautstark über die "Diskriminierung der Raucher", die "einer Pogromstimmung gleiche", und zeigte dazu gerne die Karikatur eines Rauchers mit einer Art Judenstern".
Der begründete Wunsch tabakrauchgeplagter Gastronomiebeschäftigter nach besserem Arbeitsschutz wird frech uminterpretiert in einen ideologischen Klassenkampf zur Unterwanderung der demokratischen Grundrechte, in dem außerdem (aus nicht näher bezeichneten Gründen) ganz nebenbei auch noch die Gastronomie vernichtet werden soll.
Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung auf die mehr als hunderttausend Todesopfer des Tabakkonsums in Deutschland angesprochen, äußert die frisch gebackene DZV-Geschäftsführerin Marianne Tritz abgebrüht: "Über die Genauigkeit der Zahlen lässt sich vortrefflich streiten." Im Klartext: die Zigarettenindustrie schert sich auch in Zukunft einen Dreck um die Todesopfer, die sie mit ihrem tödlichen Produkt auf dem Gewissen hat. Die Tabakmultis tun nichts, um diese Opferzahlen zu verringern, obwohl sie als mittelbarer Verursacher die meisten Chancen dazu hätte. Statt der Produkthaftung auch für Tabakwaren nachzukommen, werden diese "Kollateralschäden" der Tabakindustrie durch Verbalakrobatik schöngeredet.
In weiteren Medienberichten warnte der neu gegründete Deutsche Zigarettenverband in Berlin "vor den volkswirtschaftlichen Folgen des Zigarettenschmuggels". Auch das sind alte Platitüden, die unverändert vom Vorgänger, dem Verband der Cigarettenindustrie (VdC) übernommen wurden. Anstatt die Belieferung traditionaller Schmuggelländer mit dem Vielfachen ihres nationalen Eigenverbrauchs an Tabakwaren zu unterbinden, lamentiert die Tabaklobby über eine angebliche Schädigung durch den Zigarettenschmuggel. Dabei kann es den Tabakherstellern (vom Image abgesehen) egal sein, ob sie ihre Zigaretten versteuert oder unversteuert an den Konsumenten bringen, ob die bereits bezahlten Glimmstängel tatsächlich geraucht oder vom Zoll beschlagnahmt und vernichtet werden. Im Übrigen betragen alleine die volkswirtschaftlichen Folgekosten des Rauchens ein Vielfaches der gesamten Tabaksteuereinnahmen.
Die Deutsche Tabakzeitung (DTZ) berichtet, dass auch die alte Entsorgungsstudie, die der Verband der Cigarettenindustrie (VdC) gestartet hatte, nun vom Deutschen Zigarettenverband (DZV) weitergeführt werden soll. Die DTZ hebt in diesem Zusammenhang sogar ausdrücklich hervor, ganz offensichtlich in der Wortwahl nicht mit Oberlobbyistin Marianne Tritz abgestimmt, dass aus der früheren VdC-Mannschaft "Prof. Dr. Wolf-Dieter Heller (Bereich Wissenschaft) und Sven Zetsche (Bereich Public Affairs/Politik) für Kontinuität sorgen". Im Klartext heißt das, auch hier bleibt alles beim Alten.
Zur Erinnerung: bei der vom VdC beauftragten Entsorgungsstudie wird aus den Zigarettenschachteln gezielt ausgewählter Mülldeponien sorgfältig anhand der Steuerbanderolen überprüft, ob die Kippen in Deutschland versteuert wurden. In der öffentlichen Berichterstattung wird die Aussage "nicht in Deutschland versteuert" sehr schnell gleichbedeutend mit "nicht versteuert" verwendet, und am Ende wird nur noch der Begriff Schmuggelware als Synonym verwendet. Damit zieht die Tabaklobby reißerisch in einen Marketing-Feldzug, um sich selbst ein gutes Image zu verschaffen, und wankelmütige Politiker zu einer laxeren Tabakpolitik zu bewegen.
Worin unterscheidet sich denn nun die Politik und das Auftreten des Deutschen Zigarettenverbandes (DZV) vom alten Verband der Cigarettenindustrie (VdC)? Die Antwort kennt vermutlich nicht einmal Marianne Tritz.