[02.09.2007/pk]
Taxifahrer und ihre Fahrgäste können endlich aufatmen. Am 1. September trat das "Bundesgesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens" in Kraft." Die neue Regelung legt ein Rauchverbot in allen Einrichtungen des Bundes fest. Es werden jedoch nicht nur die Beamten und Bundesbediensteten samt Parteiverkehr geschützt, sondern auch das Personal und die Fahrgäste des öffentlichen Personenverkehrs. Neben der Bahn, Flugzeugen, Fähren und Bussen gilt diese Regelung insbesondere auch für Taxis.
Damit dürfen sowohl Fahrgäste als auch Taxifahrer nicht mehr in den Fahrzeugen qualmen. Dies betrifft auch Leerfahrten und Privatfahrten in den Taxis. Nach Zeitungsberichten wird dieser Schritt von der "Mehrheit der Fahrgäste freudig begrüßt". Das Fazit vieler vom Passivrauch geplagten Nutzern öffentlicher Verkehrsmittel lautet eindeutig: "Viele Raucher waren einfach rücksichtslos". So ist das Rauchverbot ein konsequenter und längst überfälliger Schritt für die Opfer rücksichtslos rauchender Zeitgenossen.
Auch nach Berichten der Welt reagieren die Fahrgäste "durchweg positiv". Die Aussagen zitierter Fahrgäste lassen eindeutig darauf schließen, dass es mit der Wahlfreiheit von Raucher- oder Nichtrauchertaxi in der Regel doch nicht so reibungslos funktioniert hat, wie von Rauchverbotsgegnern behauptet. Wer schon selbst gelegentlich am Taxistand schaudernd die Tür eines verqualmten Taxis wieder geschlossen hat und auf das nächste rauchfreie umgestiegen ist (sofern dies überhaupt möglich war), der hat bestimmt die Tiraden des ein oder anderen erbosten abgelehnten Fahrers über sich ergehen lassen müssen.
Es gibt natürlich einige wenige Taxifahrer, die dieses Gesetzt als "überflüssig" empfinden, manche sprechen von einer "Entmündigung der Bürger". Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Sucht, einschließlich der Nikotinsucht, die Mündigkeit und das Urteilsvermögen häufig stark einschränkt oder sogar ganz ausschaltet. Das trifft besonders in der Entscheidung zwischen Rücksicht oder Suchtbefriedigung zu, wobei letztere leider in den meisten Fällen die Oberhand gewinnt.
Weniger Verständnis als die betroffenen Fahrgäste und die Mehrzahl der nicht rauchenden Taxifahrer zeigen einige ihrer Berufsverbände. So schreibt beispielsweise die Münchner Taxigenossenschaft in ihrem Taxi-Kurier vom September 2007 sogar von einem "Kniefall für Brüssel" und "Regulierungs-Wahnsinn". Dieser Artikel des Taxi-Kuriers ist übrigens nicht mit Namen gekennzeichnet. Eine Münchner Zeitung vermutet daher, dass es sich beim Autor "um den verantwortlichen Redakteur des Taxi-Kuriers, Hans Meißner, handelt, der auch Vorsitzender der Taxi-München eG ist."
So zeigt sich auch hier wieder einmal bei einigen Interessenverbänden des Taxi-Gewerbes, ähnlich wie in vielen anderen Lebensbereichen, der massive Einfluss der Tabaklobby. Anstatt die Interessen der Mehrzahl ihrer Mitglieder zu vertreten, präsentieren sich insbesondere die selbst rauchenden Verbandsfunktionäre als verlängerter Arm der Tabaklobby. Gerade von diesem Personenkreis der "inoffiziellen" Takaklobbyisten wird gerne die Forderung gestellt, die Lösung des Tabakrauch-Problems "der Selbstregulierung des Markts zu überlassen".
Nur zur Erinnerung sei hier noch einmal die Situation in der Gastronomie erwähnt. Vor allem DEHOGA-Funktionäre fordern lautstark die "Selbstregulierung ihres Markts" und einen Verzicht auf verbindliche Rauchverbote. Gleichzeitig betreibt der Verband massive polemische Kampagnen gegen Rauchverbote in der Gastronomie und behauptet entgegen den Erfahrungen der wirklich rauchfreien Gastronomie (wie beispielsweise in Irland, Norwegen oder New York), dass Einschränkungen des Rauchens für die Gastronomen extreme wirtschaftliche Einbußen bis hin zum Kneipensterben zur Folge hätten. Es sei ebenfalls daran erinnert, dass sich der DEHOGA bereits vom Verband der Cigarettenindustrie (VdC) die Kampagne "Raucher sind die besseren Gäste" sponsern ließ.
Das zeigt ganz deutlich die Notwendigkeit gesetzlicher Regelungen zum Schutz vor Passivrauchen. Den Markt sich selbst zu überlassen bedeutet, den Markt der Tabakindustrie zu überlassen. Nicht ohne Eigennutz wird deshalb gerade von der Tabaklobby immer wieder gefordert, der Staat möge sich aus diesem Problem heraushalten. Aber auch die beste gesetzliche Regelung ist nur der erste Schritt zu einer echten Lösung. Ohne entsprechende praktische Umsetzung und vor allem einer sanktionsbewehrten Durchsetzung ist ein Gesetz das Papier nicht wert auf dem es steht.
Hier liegt bereits das nächste Problem, dessen saubere Lösung die Bundesregierung verschlampt hat. So winken beispielsweise die Berliner Ordnungshüter demonstrativ ab, wenn es um die Kontrolle des neuen Nichtraucherschutzgesetzes geht. Andererseits scheint es in Berlin aber durchaus Polizisten zu geben, die demonstrierende Nichtraucheraktivisten um jeden Preis mit frei erfundenen angeblichen Beleidungen vor den Kadi zerren wollen. Bei einer derartigen zwiegespaltenen Rechtsauffassung unserer Staatsorgane drängt sich erneut der Gedanke auf: da hat doch wieder einmal die Tabaklobby ihre Finger im Spiel.
Die Arbeitsverweigerer unter den Behörden werden sich selbst durch diese Taktik jedoch langfristig keinen Gefallen erweisen. Denn jede Verweigerung der Umsetzung der geltenden Gesetze wird unweigerlich eine Beschwerdeflut über diese Institutionen hereinbrechen lassen. Sitzen diese dennoch das Problem aus, weil beispielsweise wieder einmal ein rauchender Chef die fatalen Folgen des Passivrauchens herunterspielen möchte, so bleibt die wirkungsvollste Beschwerde immer noch die Mängelrüge bei einer übergeordneten Institution, die den Verweigerern Beine macht.
Irland hat in Europa demonstriert, wie ein vorbildliches Rauchverbot aussieht. Dort stimmt nicht nur die Theorie in Form der gesetzlichen Regelungen. Die praktische Umsetzung inklusive der dafür erforderlichen Mittel und Sanktionen wurde sauber geplant und umgesetzt. Umfangreiche Hilfestellung für die Nikotinsüchtigen gehören ebenfalls zum Programm. An diesem Vorbild müssen sich die deutsche Bundesregierung und die Behörden messen lassen. Auch wenn sich in Deutschland in Bezug auf den Schutz vor Passivrauch inzwischen schon einiges bewegt hat, so bringt die unzulängliche deutsche Regelung immer noch zu viele Menschen um ihre Gesundheit oder sogar um ihr Leben.