Rauchen besonders typisch für Mädchen mit Gewichtsproblemen
[09.06.2007/pk]
Eine neue Studie des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord) liefert Besorgnis erregende Ergebnisse über den Tabakkonsum Jugendlicher. Rund ein Drittel der Schüler zwischen 11 und 20 Jahren raucht, davon mehr als die Hälfte aller Jungen sogar täglich. In dieser Gruppe konsumiert die Mehrheit bereits innerhalb einer Stunde nach dem Aufstehen die erste Zigarette, zwölf Prozent sogar morgens innerhalb der ersten fünf Minuten.
Diplom-Psychologe Reiner Hanewinkel, Leiter des Instituts, ist über dieses Ergebnis zutiefst besorgt: "Rauchen macht offensichtlich schneller abhängig, als wir bisher angenommen haben." Dies wird durch die Einsicht vieler jugendlicher Raucher über die Sinnlosigkei und die Schädlichkeit ihrer Sucht bestätigt. Obwohl die Mehrheit gerne wieder aufhören möchte, haben mindestens zwei Drittel enorme Probleme damit. Sie haben bereits mehrfach erfolglose Versuche unternommen, sich aus dem Würgegriff der Nikotinsucht zu befreien, im Durchschnitt dreimal.
Die erforschten Gründe für den hohen Tabakkonsum bei Jugendlichen geben Aufschluss darüber, in welch erschreckendem Maß die angeblich nur auf Erwachsene zielende Tabakwerbung bei den Schülern wirkt. Opfer dieser Kampagnen sind Vor allem Mädchen. Bei fast zwei Drittel der Schülerinnen besteht ein Zusammenhang zwischen Rauchen und Unzufriedenheit mit der eigenen Figur. Für 35 Prozent der rauchenden Mädchen ist der Glimmstängel gar ein Ersatz fürs Essen. Auch bei psychischen Verstimmungen suchen vor allem Mädchen ihr Heil in einer Flucht in die Nikotindroge.
Das bei der Befragung ermittelte Selbstbild der Jugendlichen macht noch einen wesentlichen Aspekt deutlich. Qualmer sind nicht nur - beispielsweise wegen ihres hohen Krebsrisikos - die Verlierer von Morgen. Die harten Fakten sprechen auch eine deutliche Sprache, wer die Verlierer von Heute sind. Rauchende Jugendliche haben schlechtere Noten, hängen häufiger und länger vor dem Fernseher herum, und sie sind unzufriedener als gleichaltrige Nichtraucher.
Die rauchenden Jugendlichen weisen weitere soziale Auffälligkeiten auf. Problematischer Alkoholkonsum, auch unter diversen Bezeichnungen wie Komasaufen, Binge-Drinking oder Flatrate-Trinken bekannt, ist bei qualmenden Jugendlichen besonders häufig anzutreffen. Auf die Befragung der Studie hatten sich 62 Prozent der rauchenden Schüler im vorhergegangenen Monat gezielt betrunken. Der Anteil der Alkoholexzesse ist damit unter den Rauchern mehr als dreimal so hoch wie unter den Nichtrauchern, von denen sich ein Fünftel derart zudröhnt.
Die Studie war vom Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord) im Auftrag der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) und der Deutschen Krebshilfe erstellt worden. Befragt wurden 1738 Schüler der Klassen 7 bis 13 an zwölf Schulen in Schleswig-Holstein. Die Studie ist für das nördlichste Bundesland repräsentativ. Nach Aussage von Nina Waldheim, DAK, gelte dies zwar nicht ebenso für das gesamte Bundesgebiet, jedoch lasse die Studie dafür interessante Rückschlüsse zu.
Nach Angabe der DAK gibt es bislang keine vergleichbaren Daten, die zeigen, was die rauchenden von den normalen Jugendlichen unterscheidet, oder auch geschlechterspezifische Ausprägungen und Ursachen des Tabakkonsums bei Schülern verdeutlicht. Die Ursachenforschung soll die Verbesserung von Präventionsmaßnahmen der Krankenkassen unterstützen, damit die Jugendlichen möglichst vor dem Rauchen bewahrt, und die Opfer der Tabakdroge wieder von ihrer Nikotinabhängigkeit befreit werden.
Während Deutschlands Politiker weiter um den heißen Brei diskutieren, und sich mehr durch Wortgewalt als durch Taten dem Jugendschutz widmen, nehmen Europas Jugendliche nun selbst die Sache in die Hand. 10.000 junge Europäer nahmen an einem Projekt des European Youth Forum teil, und schrieben ihre Forderungen im "Manifest für ein rauchfreies Leben" nieder.
Die Jugendlichen stellen das Recht auf Gesundheit über alles. Daher tritt Europas Jugend für den Schutz aller vor Passivrauchen ein, der nur durch eine effektive räumliche Trennung alisierbar ist. Eine absolute Mehrheit spricht sich für ein umfassendes Nikotinverbot an allen öffentlichen Plätzen und in allen öffentlichen Verkehrsmitteln aus.
Weitere Forderungen des Europäischen Jugendmanifests sind ein umfassendes Verbot aller Formen der Tabakwerbung, sowie ein Verbot von suchtfördernden Zusatzstoffen, Karzinogenen und anderen giftigen Stoffen in Tabakprodukten. Die Jugendlichen sind jedoch nicht nur besorgt, die Abhängigkeit europäischer Staaten von der Tabakindustrie zu durchbrechen. Dazu steht im Manifest "Wichtig ist auch der Schutz weniger entwickelter Länder vor der Tabakindustrie, welcher durch die Anwendung europäischer Standards auf sämtliche Aktivitäten in Europa ansässiger Firmen zu gewährleisten ist, unabhängig vom endgültigen Bestimmungsort der Produkte."